Sagt beim Abschied leise Servus

■ Der Deutsche Leichtathletik-Verband beugt sich dem öffentlichen Druck und suspendiert Sprint-Superstar Katrin Krabbe und ihre Trainingspartnerinnen Grit Breuer und Silke Möller-Gladisch/ Athletinnen und der entlassene Trainer Thomas Springstein ziehen vor Gericht

Berlin (dpa/taz) — „Ich glaube nicht, daß ich gedopt bin“, sagte einst Katrin Krabbe. So kann man sich irren. Der Deutsche Leichtathletik- Verband nämlich glaubt, daß sie gedopt ist. Und zwar vorsätzlich, mit ihrem Einverständnis und wahrscheinlich unter eigener Mithilfe. Der 'Spiegel‘ zumindest behauptet, daß Katrin Krabbe über ein Urindepot verfüge. In den meisten Fällen ist dies eine mit Fremdurin gefüllte Gummitüte, die in den Vaginalbereich eingeführt und zur Dopingprobe mit dem Fingernagel aufgeschlitzt wird.

Tatsächlich ist die Indizienkette gegen die Trainingsgruppe um Trainer Springstein derart eng, daß der fürs Aussitzen bekannte Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) schwer unter öffentlichen Druck kam. So beschlossen die Funktionäre um Präsident Helmut Meyer, anstelle des gescheiterten Vertuschens ein Exempel zu statuieren: Erstmals in der Verbandsgeschichte verhängten sie eine Sperre über vier Jahre und einen damit verbundenen Olympia-Ausschluß gegen Katrin Krabbe, Silke Möller-Gladisch und Grit Breuer. Darüber hinaus traf der DLV-Bannstrahl auch den ohnehin vom DLV wenig geliebten Trainer des Trios, Thomas Springstein, mit dem der Vertrag nicht mehr verlängert werden soll.

Die DLV-Erklärung: „Mit einer zur Feststellung eines Doping-Verstoßes ausreichenden Sicherheit wird eine Manipulation durch die Athletinnen vorgenommen.“ Bei den Analysen der drei Proben vom 24. Januar dieses Jahres hatte der Kölner Doping-Fahnder Prof. Manfred Donike sowohl bei der A- als auch bei der Gegenprobe festgestellt, daß die Urinwerte absolut identisch sind.

In seiner von der Öffentlichkeit völlig abgeschirmten Sitzung in Darmstadt, versuchte das DLV-Präsidium die Umstände der Kontrollen vom 24. Januar in Stellenbosch/Südafrika genau zu ergründen, um jedes Fremdverschulden weitestgehend auszuschließen. Formfehler bei der Probennahme konnten ausgeschlossen werden, denn das Trio plus Coach hatten mit ihrer Unterschrift unter das Probenprotokoll den ordnungsgemäßen Verlauf bestätigt. Als nicht essentiell wurde die Versieglung der Proben in nur einem Behälter vom DLV eingestuft, obgleich hierzulande die Versieglung jeder Flasche üblich ist. Allerdings war das Siegel unbeschädigt im Kölner Doping-Labor eingetroffen. Der Transport verlief ordnungsgemäß, und auch eine Manipulatiion seitens des Analysators Manfred Donike wurde ausgeschlossen. Gegen Katrin Krabbe, Grit Breuer und Silke Möller sprach auch, daß die Probe einer ihrer Kolleginnen, die der Erfurterin Sigrun Grau, im südafrikanischen Trainingslager ohne jede Beanstandung geblieben war. Den Schlußpunkt unter die Beweiskette setzte eine Auffälligkeit aus der Vergangenheit. Schon am 20. Juli 1991 in Zinnowitz entnommene Urinproben von Breuer und Krabbe ergaben ebenfalls die Identität der Analysewerte, sowohl untereinander als auch nach Aussage von Donike mit den jetzt in Südafrika entnommenen Proben. Der Vergleich war erst durch den DLV-Doping-Beautragten Nickel möglich geworden, der die Aufhebung der Anonymität für die Doping-Kontrollen beschlossen hatte. Bleibt die Frage, warum diese Auffälligkeit nicht schon früher bekannt wurde.

Die Sperre hat zunächst vorläufigen Charakter. „Die Athleten haben nun die Möglichkeit, alle Rechtswege auszuschöpfen“, meinte der DLV-Doping-Beauftragte Rüdiger Nickel. Für Krabbe und Co. kommt die Sperre einem Berufsverbot für einen Millionenverdiener gleich. Dennoch stieß der Ausschluß auf breite Zustimmung. „Wenn es bewiesen ist, dann ist es die einzige Lösung“, meinte NOK-Generalsekretär Walther Tröger. Und Rolf Andresen, Direktor des Bundesausschußes Leistungssport, griff gleich zum Pathos: „Hier ist der Ausschluß aus der Gemeinschaft sauberer Sportler gerechtfertigt.“ miß