Ausländerbehörde will Nasenform wissen

■ Flüchtlinge, die ein Reisedokument beantragen, müssen intime Fragen über ihr Aussehen beantworten/ Bestimmungen gelten seit 1951

Berlin. Flüchtlinge aus aller Welt, die bei der Ausländerbehörde in Berlin einen Reiseausweis beantragen, werden mit Fragen traktiert, die auch die wenigsten Deutschen beantworten können, geschweige denn müssen. So haben die Flüchtlinge neben den üblichen Angaben zur Körpergröße und Augenfarbe auch anzugeben, wie sie ihre Gesichtsform, die Farbe ihrer Haare und ihre Nase beschreiben würden. Ob diese krumm oder gerade, ob sie knubblig oder klassisch schmal ist — laut Paßgesetz von 1986 sind diese Angaben, um einen Asylbewerber vom anderen unterscheiden zu können, unverzichtbar.

Der Leiter der Ausländerbehörde, Ulrich von Charmier, in dessen Amt täglich Dutzende dieser Anträge ausgefüllt werden, hält diese Merkmale allerdings für »verzichtbar«, zumal die Frage nach der Haarfarbe in Anbetracht der Fortschritte in der Chemie geradezu absurd ist. »Wenn ich tausend Menschen nach der Form ihrer Nase frage, werden 990 sie als gerade beschreiben, welchen speziellen Wert hat dann diese Angabe?« fragt er. Charmier, der zugibt, daß er sich bis dato über den Fragenkatalog der Ausländerbehörde noch keine Gedanken gemacht hat, spricht sich dafür aus, daß die »unsinnigen« Angaben in den Reiseausweisen für Flüchtlinge verschwänden. »Da rennen Sie bei mir offene Türen ein.« Denn selbst für den Fremdenpaß sei die Gesichts- oder Nasenform völlig »unerheblich«, sagt er. Er fände es gut, wenn sich die Paßbestimmungen für Asylberechtigte den knappen Personenbeschreibungen, die für Deutsche gelten, anglichen.

Allerdings sei dies nicht so einfach, sagt Charmier. Denn der »überflüssige« Fragenkatalog sei nicht von Berliner Bürokratenhirnen ausgeheckt worden, sondern sei ein Ergebnis der Genfer Konvention, die von der Bundesregierung 1951 unterzeichnet wurde. Seitdem würden alle deutschen Bundesländer gleichlautende Formblätter benutzen und »dies aus Gründen der Ökonomie«, weiß Charmier. Bestätigt wird dies vom Referat für Ausländerfragen beim Bundesinnenministerium. Der Musterfragebogen über die Form des Gesichtes, der Nase, der Farbe der Haare wurde im August 1951 erstmals als Anlage zur Genfer Konvention im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und seitdem nie modifiziert, sondern immer wieder neu bestätigt. Weder die Absurdität, noch die potentielle Diskriminierung haben Beamte bis jetzt erkannt — geschweige denn den rassistischen Charakter dieser Fragen. Hätten sie dies getan, dann hätte die Bundesregierung sehr wohl die Möglichkeit gehabt, die Personenbeschreibung den deutschen Paßbestimmungen anzugleichen. Der Genfer Fragenkatalog war nie etwas anderes, als nur ein Muster — ein Muster, das erst die gründlichen Deutschen zum Wert machten. aku