: Asyl in Chemnitz
■ betr.: "Verrottete Bruchbuden für Asylbewerber", taz vom 5.2.92
betr.: »Verrottete Bruchbuden für Asylbewerber«, taz vom 5.2.92
[...] Extrem erstaunlich war es für mich, den abgedruckten Artikel zu finden, der zumindest über Chemnitz nahezu nichts Wahres enthält.
Die einzelnen Fakten werde ich hier nicht widerlegen, dies wird über den dienstlichen Weg geschehen. Nur soviel: Was hier unter Bruchbude gefaßt wird, ist in Chemnitz eine alte, jedoch gut erhaltene Villa, die bis vor wenigen Wochen noch ein Lehrlingswohnheim war. Und nicht im Chemnitzer Sozialamt wurde gehungert, sondern in der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Sachsen.
Was mich entsetzt hierbei, ist die fraglose Übernahme von Schriftstücken, deren Inhalte schon textkritisch betrachtet werden müssen, da der Schreiber/die Schreiberin natürlich ein wenig mehr verfolgen als nur die Aufklärung von Unzulänglichkeiten.
Ich werfe Ihnen hiermit oberflächliches Recherchieren vor, wodurch erstens Lügen verbreitet werden, zweitens die Falschen beschuldigt werden und drittens die spannungsgeladene Asyldebatte weiter verunsachlicht wird. [...] Andreas Ehrlich, Chemnitz
Die Aussagen des genannten Artikels können wir nicht bestätigten, dies bezieht sich nur auf die Situation in Chemnitz. Wir bitten, beiliegenden Brief an den Flüchtlingsrat Berlin als Dementi zu verstehen und für entsprechende Veröffentlichung, auch an weitere Empfänger Ihres Artikels, zu sorgen. Dr.Regner, Amtsleiterin des Sozialamtes der Stadt Chemnitz
Sehr geehrte Mitarbeiter des Flüchtlingsrates Berlin,
auf Grund der guten Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe In- und Ausländer e.V. Chemnitz haben wir Ihren Brief — Gedächtnisprotokoll — erhalten und das Asylheim Parkstraße 44 hinsichtlich der genannten Vorwürfe und Mißstände geprüft.
Die Zentrale Ausländerbehörde Chemnitz hat bisher keine zentrale Aufnahmestelle. Asylbewerber werden hier in Chemnitz nur eine Nacht, maximal ein Wochenende, in dem von uns verwalteten Durchgangsheim Parkstraße 44 untergebracht.
Das Haus Parkstraße 44 ist eine alte Villa in gutem baulichem Zustand. Es wurde bis Dezember 1991 als Lehrlingswohnheim genutzt und entspricht in der Ausstattung dem Standard einer derartigen Einrichtung.
Von der Hygieneinspektion gibt es hinsichtlich der Sauberkeit, Ausstattung und dem Zustand keine Beanstandungen, die entsprechenden Protokolle wurden eingesehen.
Auch können wir die genannten Mängel in den Zimmern, speziell der Betten, nicht bestätigen.
Die Asylbewerber haben im Haus freien Ein- und Ausgang, das Haus ist ganztägig offen, mit dem Eintritt der Dunkelheit wird das Haus aus Sicherheitsgründen verschlossen, es ist jedoch rund um die Uhr besetzt, so daß auch am Abend freier Zugang gewährt ist.
Gegessen wird in einem Speisesaal im Anbau (keine Baracke). Das Essen wird als abwechslungsreich und gut eingeschätzt. Für die Kinder werden jederzeit Milch, Obst und anderes Leichtbekömmliches gereicht.
An besagtem Wochenende wurden durch Asylbewerber keine Klagen oder Beschwerden zum Essen geäußert. Sozialamt der Stadt Chemnitz
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