: Der Broadway fängt mit Nr. 23 an!
■ ...und statt „Whisky“ besser „Johnny Walker Red Label“ / Jerry Cotton gab an der GSM Krimiunterricht
Amerika, dieser Tage. Ein gescheiterter Rugby-Spieler dreht durch. Mordet, schlachtet, verarbeitet seine Opfer zu Pizzabelag und verfüttert sie an die Massen. Das Ungeheuer entkommt, bevor es gefaßt wird, nach Deutschland. Wo es weitermacht ... Das ist er Plot für einen Krimi, wie ihn Sarah (13) und ihre Freundin Ila entworfen haben. Zum Deutschunterricht in den 8. und 9. Klassen an der Gesamtschule Mitte gehört nämlich das Vorhaben „Wir schreiben einen Krimi“.
Astrid Mangold, die Lehrerin, hat sich fachliche Unterstützung geholt. Heinz Werner Höber alias Jerry Cotton steht Mittwoch morgen im Theatersaal Rede und Antwort. Mehr Antwort. 30 SchülerInnen hängen an seinen Lippen, wenn er den „Schlüsselsatz“ erklärt. Da war doch dieser Polizeipräsident im Ruhrgebiet und die Wette, daß Höber/Cotton jeden denkbaren Satz als ersten, letzten und Lösungssatz in ein Cotton-Heftchen einbauen kann. Der Polizei-Beamte nach langem Grübeln: „Man kann doch nicht in einem hellen Mantel zur Beerdigung gehen!“ Hei, „Beerdigung“, da ist schon die Leiche, der Mantel — das
„Ein gescheiterter Rugby-Spieler dreht durch. Mordet, schlachtet verarbeitet seine Opfer zu Pizza-Belag und verfüttert sie an die Massen“
Indiz; das war leichtes Spiel für Cotton, die Flasche Asbach schon gewonnen.
Frage: Wie recherchiert man? Antwort: Akribisch!!! Der Broadway fängt mit Nr. 23 an, welche Autorenfalle! Man muß die Stadt kennen; Pfandhäuser anschreiben; Stadtverwaltungen; Banken.
„Und schreiben Sie nie, Sie hätten in Amerika auf der Post telefoniert: das ist die Sache privater Firmen.“ Nach 20 Jahren Cotton erstmals in New York, war Höbel binnen Minuten im Bilde und konnte einer 30-köpfigen Besucherschar auf dem Empire State Building ohne weiteres die Silhouette erklären.
Nie darf es heißen: „Er trank Whisky.“ Sondern: „Er schlürfte seinen Johnny Walker Red Label.“ Es gibt keine Autos als solche. Aber einen klapprigen Ford Mustang Baujahr 57. Der große Raymond Chandler (“Nehmt ihn Euch zum Vorbild!“) verwendete in „The Big Sleep“ siebzig verschiedene Bezeichnungen für „Gelb“!
„Glauben Sie, daß Ihre Romane gut sind?“ fragt ein Verzagter den großen Jerry Cotton. „Die ersten sind beschissen, ich hätte sie besser nicht geschrieben. Aber man wird älter, reifer. Das ist wichtig: Man muß immer jeweils sein bestes geben!“ Betroffen nicken die Jung-KrimiautorInnen. Bus
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