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Demokratischer Aspirant sieht Land

■ Mit deutlichen Siegen in acht der elf US-Bundesstaaten, in denen am Dienstag Vorwahlen abgehalten wurden, konnte der Demokrat Bill Clinton seinen Vorsprung ausbauen. George Bush "sammelt" indes...

Demokratischer Aspirant sieht Land Mit deutlichen Siegen in acht der elf US-Bundesstaaten, in denen am Dienstag Vorwahlen abgehalten wurden, konnte der Demokrat Bill Clinton seinen Vorsprung ausbauen. George Bush „sammelt“ indes glanzlos aber beständig die Delegierten, die er braucht für seine Wiederwahl. Obwohl er bei den jüngsten „Primaries“ der Republikaner gegenüber seinem rechtslastigen Kontrahenten Buchanan erneut Federn lassen mußte.

Bill Clinton, der Sohn des Südens, liegt nach den Ergebnissen der Vorwahlen zur US-Präsidentschaft mit deutlichen Siegen in acht der elf „Super-Tuesday“-Bundesstaaten weit vor seinen beiden verbliebenen demokratischen Konkurrenten. Mit 700 Delegierten hat Clinton seit Dienstag fast ein Drittel der auf dem Parteitag der Demokraten im Juli zur Nominierung benötigten Stimmen auf seiner Seite. Paul Tsongas hat bisher — nach ersten Plätzen in seinem Heimatstaat Massachusetts, Rhode Island und Delaware — 445 Delegierte für sich verbuchen können, Jerry Brown 80. Ein Sieg bei den Vorwahlen im industriellen Illinois und Michigan am 17. März ist für Tsongas jetzt überlebenswichtig. Kann er in einer Woche nicht beweisen, daß Clintons gutes Abschneiden im Süden nur — wie er behauptet — auf dessen Heimvorteil zurückzuführen ist, hat er kaum noch eine Chance, ihn aufzuhalten.

Clintons Gesamterfolg kam — schon wegen seiner organisatorischen und finanziellen Überlegenheit — nicht überraschend; besser als erwartet schnitt er allerdings in Florida ab, wo Tsongas gehofft hatte, den Siegeszug des Gouverneurs aus Arkansas am ehesten verlangsamen zu können. Tsongas hatte auf die Stimmen der aus dem Nordosten zugezogenen Rentner spekuliert, die hier unter Sonne und Palmen ihren Lebensabend genießen. Das hat ihm Clinton nun gründlich vermasselt. Die Pensionäre im „Sunshine State“, der allein 148 Delegierte wert ist, erinnerten Clinton an Tsongas' Plan, möglicherweise die Renten einzufrieren; den Juden vor Ort hielt er die israelunfreundliche Haltung des Ex- Senators vor und verschreckte die Autofahrer mit dem Hinweis auf eine von Tsongas beabsichtigte Erhöhung der Benzinsteuer.

Die krampfhaften Gegenattacken des „Griechen“ aus Massachuchetts waren da vergebens. So prangerte er Clinton als „zynisch und undiszipliniert“ an und interpretierte dessen Vorwurf, sein Wirtschaftsprogramm sei „nicht amerikanisch“, als Versuch, seine Herkunft zu verunglimpfen. Tsongas fühlt sich sichtlich unwohl in der Rolle des keifenden Wahlkämpfers. Verfolgt vom Geist des Michael Dukakis, der im Wahlkampf 88 die Attacken Bush' wie ein hypnotisiertes Kaninchen über sich hatte ergehen lassen, meinte er sich profilieren zu müssen als „der Grieche, der zurückschlägt“. Und dabei kam die Präsentation seines Programms zu kurz.

Noch am Wahlabend ließen die Wahlanalytiker Bill Clinton als jenen Kandidaten hochleben, dem es gelungen sei, die alte Wählerkoalition der Demokraten — Schwarze und weiße Arbeiter sowie Angestellte — wieder unter einen Hut zu bringen und damit letztlich den Republikanern die konservativen Demokraten wieder abzuluchsen; und einen Wahlsieg gegen Bush wahrscheinlicher zu machen. Bisher hatte es geheißen, Clinton spreche allein Schwarze und die Arbeiterschaft an, wohingegen Tsongas mit seiner Pro- Business-Botschaft Erfolg bei den Vorstädtern, den Yuppies, habe.

Bei den Republikanern, die am Dienstag nur in acht Staaten wählten, zeigte das Bild unverändert einen in der öffentlichen Meinung angeschlagenen Präsidenten, der weiter rund ein Drittel der Wählerstimmen an seinen Herausforderer Pat Buchanan verliert. Der konnte zwar wieder keinen einzigen Staat für sich gewinnen und — weil die republikanischen Wahlregeln dem Sieger unabhängig vom Abschneiden des Konkurrenten meist alle Delegierten zuschlagen — auch keine Delegierten. Buchanan hat Bush immerhin gezwungen, sich, wie jeder gewöhnliche Kandidat, unters Volk zu mischen und Wahlkampf zu machen. Eine Entscheidung, die unter den Präsidentenberatern nicht unumstritten ist und sich kontraproduktiv auswirken kann, weil Bush so sein eigentliches Kapital, nämlich präsidial zu wirken, aufgegeben hat. Nachdem der Präsident in der Gunst der Wähler noch weiter verloren hat — in der jüngsten Meinungsumfrage waren nur 39 Prozent der Befragten mit ihm zufrieden — und ihm erstmals sogar Clinton und Tsongas als Präsidenten vorgezogen wurden, hat sein Stab ihm jetzt eine neue Strategie verordnet. Nicht der Straßenwahlkampf, sondern möglicherweise eine mit Attacken gegen den demokratischen Kongreß gewürzte Fernsehansprache soll ihm die Wiederwahl sichern.

Noch eines kann sich Buchanan zugute halten. David Duke, den ehemaligen Ku-Klux-Klan-Mann, hat er, wie er so schön sagt, „erledigt“. Duke, der im letzten Jahr bei der Gouverneurswahl in Louisiana mit seiner rassistischen Litanei von der Diskriminierung der Weißen durch Quoten- und Förderprogramme für Minderheiten immerhin 39 Prozent der Wähler hinter sich bringen konnte, hatte im Dezember mit großem Trara seine Kandidatur angekündigt. Jetzt hat er in keinem Staat, in dem er angetreten ist, zweistellige Gewinne erzielen können. Die meisten seiner Anhänger haben eine neue Heimat bei Buchanan gefunden, der mit seinen Attacken gegen Juden, Schwule, Schwarze und Latinos sowie seinem „America- First“-Programm Dukes Slogans präsentiert. Aber er ist wählbarer, weil ihm nicht der Makel seiner Nazi- und Klan-Vergangenheit anhaftet. Buchanan ist ein „sauberer Duke“, wie viele meinen. Martina Sprengel, Washington

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