"Diese schöne graue Stelle widmen wir den 200 Hamburger PostlerInnen..."

Diese schöne graue Stelle widmen wir den 200 Hamburger PostlerInnen, die dortselbst sieben Stunden die Arbeit niederlegten und also dafür sorgten, daß eine Million Briefsendungen liegen blieben. Unter diesen befand sich auch jenes Eilsendungs-Photo aus dem Thalia Theater, mit dem wir unsere Kritik zur ‘Möwe'- Inszenierung so gern illustriert hätten... so konnten uns weder Flugzeuge retten, noch Fahrradboten in avantgardistischer Montur, noch Hausmeister, die diese schönen, rot markierten Briefumschläge gelassen aus der Jacke oder den Zöpfen flechten (s.a. Berichtigung). So passierte wieder einmal: nichts, und wir verdanken der Gewerkschaft die schöne Einsicht, daß Virillo nicht für ungut der Hausphilosoph dieser kleinen, verzweifelten Redaktion geworden ist: Der Streik, sagt er, löste die Revolutionsbarrikaden historisch ab, der Streik ist eine Barrikade in der Zeit. Dies wieder einmal zu sagen, versprach uns mehr (sogar: ästhetischen) Gewinn, als dieses graue Feld mit einem zeitlos schönen Kopf des Dichters Tschechow zu illustrieren — eine wohlfeile bärtige Alternative des allerdings Wohlbekannten, nicht zu vergleichen mit diesem schönen Grau, das, durch erhöhten Schriftgrad und entsprechende Durchlässigkeit zu sich selbst gekommen, als Graugrau für sich selbst zu sprechen vermag und uns daran gemahnt, daß die einfachsten Dinge die schönsten sind. Was ist schon ein Premierenphoto, liebe/r LeserIn? Schon morgen ist es überholt, dem rasenden Zahnrad der Zeit zum hilflosen Opfer geworden, dem Vergessen anheim- und beigegeben, das Akzidenz schlechthin. Graugrau hingegen, in schlichter selbstbewußter Schönheit der Schrift als substanzielle Grundlage dienend: Anfang und Ende aller Dinge. Wir kommen aus dem Grau, wir gehen ins Grau zurück, und was dazwischen liegt, ergibt sich zwanglos aus dem ewigen Malen der Laute.