: RTL-Treuhändchen
■ Bertelsmann geht Westschienen-Streit aus dem Weg
Hamburg (dpa) — Der Bertelsmann-Konzern (Gütersloh) hat seinen 24,9-Prozent-Anteil an dem geplanten Informationskanal Westschiene an die dem Konzern nahestehende Hamburger Jahr-Gruppe verkauft. Damit will Bertelsmann rechtlichen Schritten der Gesellschafter des Privatkanals RTLplus den Boden entziehen, die in dem Engagement eine Verletzung der RTL-Verträge sehen. Allerdings müssen noch die anderen Gesellschafter der Westschiene, das Bundeskartellamt und die Lizenzbehörden zustimmen. Der Medienkonzern ist bei RTLplus über die Ufa Film- und Fernseh-GmbH mit 38,9Prozent beteiligt. Sobald die rechtlichen Probleme geklärt sind, will Bertelsmann die Anteile zurückkaufen.
Bertelsmann steht mit dem wichtigsten Gesellschafter von RTLplus, der Compagnie Luxembourgeoise de Telediffusion (CLT), in Verhandlungen, weil die Gesellschafterverträge den Partnern die Beteiligung an einem weiteren werbefinanzierten Programm ohne Genehmigung des Beirats untersagen. Die CLT hatte ihr Veto gegen eine Bertelsmann-Beteiligung an der Westschiene eingelegt und mit Klage gedroht. Diese Klage sei, so Bertelsmann-Vorstand Manfred Lahnstein, nunmehr gegenstandslos, da die Bertelsmann-Tochter Ufa nicht mehr beteiligt sei. Die Jahr-Gruppe sei „wirtschaftlich und juristisch mit allen Rechten und Pflichten eingetreten“, meint Lahnstein zu der wohl eher treuhänderischen Verwaltung der Bertelsmann- Anteile durch die Jahr-Gruppe.
Unabhängig von dem aktuellen Konflikt will Lahnstein die Anwendung der RTL-Klausel juristisch überprüfen lassen, falls mit CLT keine einvernehmliche Handhabung der Klausel erreicht werden kann. „Es geht nicht nur um die Westschiene, sondern um die Zukunft“, sagte er. Langfristig werde der Fernsehmarkt in Deutschland von den Gruppen Springer/Kirch (Kirch ist an allen Privat-TVs außer RTL beteiligt) auf der einen und Bertelsmann mit diversen Partnern auf der anderen Seite dominiert werden — weshalb die Klausel von 1984 nicht mehr in die Zeit passe.
Der geplante Westschienen-Kanal soll ab 1993 bundesweit Informationssendungen und Nachrichten ausstrahlen. Beteiligt sind — neben der Ufa — die Westdeutsche Medienbeteiligungsgesellschaft, hinter der die WestLB steht, mit 25,1Prozent, die Holtzbrinck-Gruppe und Time Warner mit jeweils 14,5Prozent sowie Development Company for Television Programs (DCTP) mit elf Prozent und eine mittelständische Beteiligungsgesellschaft mit zehn Prozent. Bei RTLplus sind die CLT mit 46,1, die Ufa mit 38,9Prozent sowie die 'Westdeutsche Allgemeine Zeitung‘, die Deutsche Bank, Burda und die 'FAZ‘ beteiligt.
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