Bewährung für PDS-Millionencoup

Berliner Landgericht verhängt Bewährungsstrafen gegen PDS-Parteisoldaten Pohl, Langnitschke und Kaufmann/ Sie wollten 107 Millionen Mark Parteigelder in Moskau sichern/ Angeklagte überfordert  ■ Aus Berlin Wolfgang Gast

Mit einem trotzigen „ich würde es wieder tun“ nahm gestern der frühere PDS-Funktionär Karl-Heinz Kaufmann das Urteil des Landgerichtes in Berlin zur Kenntnis. Nach über einem halben Jahr Verhandlungsdauer wurde Kaufmann ebenso wie der ehemalige PDS-Finanzmanager Wolfgang Langnitschke und der einstige Parteivize Wolfgang Pohl wegen „Untreue zum Nachteil der PDS“ zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. In dem gescheiterten Versuch der Angeklagten, im September 1990 rund 107 Millionen Mark aus dem Parteivermögen der SED-Rechtsnachfolgerin PDS auf die Auslandskonten einer Moskauer Briefkastenfirma namens „Putnik“ zu transferieren, sah das Berliner Gericht eine Veruntreung — die Ex-Funktionäre hätten das Vermögen gegen den Willen der PDS „in fremde Hände gegeben“.

Kaufmann, der in einer „katastrophalen Selbstüberschätzung“ gehandelt haben soll, wurde als „Motor“ des versuchten Millionendeals zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Mit jeweils 21 Monaten folgte das Gericht auch bei den Angeklagten Pohl und Langnitschke den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die Verteidiger kündigten an, eine Revision der Urteile zu beantragen.

In einem späten Geständnis hatten die Angeklagten Ende Februar den Versuch eingeräumt, die Gelder auf die Seite zu schaffen. Ihnen sei es darum gegangen, der Partei, der das Wasser bis zum Halse stand, wenigstens einen Teil ihres Vermögens zu sichern. Seit Februar 1990 habe es Anzeichen für eine Enteignung oder gar ein Verbot der Partei gegeben. Vorstand und Präsidium hätten mit dem Schlimmsten gerechnet. Pohl und Genossen beriefen sich auf einen Parteibeschluß vom 21. Dezember 1989, wonach geeignete Möglichkeiten gesucht werden sollten, die politische Handlungsfähigkeit der Partei auch materiell zu sichern.

Das Gericht hielt es indes für erwiesen, daß weder die Gremien der PDS noch der Vorsitzende Gregor Gysi in die Pläne der Funktionäre eingeweiht waren. Pohl, den der Vorsitzende Richter Bräutigam als „völlig überfordert“ in seiner Rolle als Finanzverantwortlicher charakterisierte, habe seine Fürsorgepflicht verletzt. Das Motiv des Angeklagten ändere daran nichts.

In beinahe letzter Sekunde hatte die Verteidigung am Donnerstag ein Papier des Bundesnachrichtendienstes aus dem Hut gezaubert. Es sollte belegen, daß der BND nicht nur mutmaßlich über einen V-Mann in der Parteispitze verfügte, der Pullacher Dienst sollte danach auch von den Vermögensbewegungen der PDS bestens unterrichtet gewesen sein. Weder die Staatsanwaltschaft noch die Richter waren aber gewillt, dem Schreiben eine Bedeutung für den laufenden Prozeß einzuräumen.