Auf der rechten Spur in den Landtag

■ In Baden-Württemberg streiten drei rechtsextreme Parteien um Wählerstimmen/ Chancen nur für Reps

Stuttgart (taz) — Zu der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 5.April treten erstmals drei rechtsextreme Wahlparteien an: neben den „Republikanern“ noch die altgediente NPD sowie die erst am 3. Oktober 1991 gegründete „Deutsche Liga für Volk und Heimat“ (DL), eine Sammlungspartei aus REP, NPD, DVU und DSU. Es geht bei dieser Wahl um die Hegemonie innerhalb des rechten Lagers, Wahlkampfkostenerstattung, die bei der Ein-Prozent-Marke beginnt, und um die Präsenz in den Medien. Zulässige Doppelkandidaturen, Verzicht auf ErsatzbewerberInnen sowie Wahlkampfeinsatz der benachbarten bayerischen Verbände sollen die strukturellen Schwächen aller drei Parteien kaschieren helfen.

Flächendeckend in allen 70 Wahlkreisen des Südweststaates treten nur die Reps an. Angeführt werden sie vom Landesvorsitzenden Christian Käs und von Rolf Schlierer, Stadtrat in Stuttgart und ehemaliges kooptiertes Präsidiumsmitglied des „Studienzentrums Welkersheim e.V.“, eines konservativen Think Tank unter Vorsitz des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten und Marinerichters a.D. Hans Filbinger (CDU). Erklärtes Ziel der „Republikaner“ ist der Einzug in den Stuttgarter Landtag.

Das umstrittene Allensbacher „Institut für Demoskopie“ (IfD) prognostizierte jüngst knapp fünf Prozent für die Schönhuber-Truppe. Deren Konkurrenten NPD und DL werden zwei beziehungsweise ein Prozent prophezeit. Bei der vergangenen Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 erzielten die Reps in Baden- Württemberg mit 3,2 Prozent ihr zweitbestes Landesergebnis. Ein Jahr zuvor hatten bei der Europawahl 8,7 Prozent für die Newcomer von rechtsaußen votiert. Die Kommunalwahlen vom 22. Oktober 1989 bescherten den „Republikanern“ Mandate in Mannhein, Heidelberg, Karlsruhe, Pforzheim, Freiburg, Heilbronn, Heidenheim, Stuttgart, Ludwigsburg, Eßlingen und Ulm. Bei den Landtagswahlen von 1988 hatten die Reps noch knapp die Ein- Prozent-Marke verfehlt.

„Deutsch bleibt unser Land!“ Die Wahlkampfparole der NPD prangt in 90 Prozent aller Wahlkreise. Spitzenkandidat ist der Bundes- und Landesvorsitzende, Stadt- und Kreisrat Günter Deckert. Beim Wahlkongreß der NPD in Weinheim an der Bergstraße (Nordbaden) am 8. März offenbarte der Oberstudienrat a.D. Deckert: „Wir sind, leider, keine Führerpartei. Denn sonst wäre mein Wunsch Führerbefehl.“ In ihrer dort vorgestellten Wahlkampfplattform bekennen sich die Nationaldemokraten explizit zum Geschichtsrevisionismus: „Wir treten ein für eine objektive Geschichtsschreibung! Wir sagen ja zum Revisionismus.“ Den „Nationaldemokraten“ wird es wohl kaum gelingen, an das Traumergebnis aus dem Jahr der Großen Koalition anzuknüpfen. 9,8 Prozent hatten 1968 bei der Landtagswahl ihre Stimme für die NPD abgegeben. 1988 waren es noch 2,1 Prozent.

Die „Deutsche Liga“ — der Landesverband konstituierte sich unter Führung des ehemaligen NPD-Landesvorsitzenden Jürgen Schütziger erst am 13. Oktober vergangenen Jahres — bekam lediglich in 43 Wahlkreisen die Zulassung vom Landeswahlleiter. In den beiden Wahlkreisen Reutlingen und Münsingen/Hechingen führten Wahl- und Urkundenfälschung zum Ausschluß der „Liga“. Hausdurchsuchungen bei Anhängern der neonazistischen „Heimattreuen Vereinigung Deutschlands“ (HVD), einer lokalen Nachfolgeorganisation der FAP, brachten die Manipulationen zugunsten der DL an den Tag. Aufmerksam machte die „Liga“ auf sich, als der Landes-FDP der geplante Auftritt des österreichischen Rechtsaußen und FPÖ-Vorsitzenden Jörg Haider in Stuttgart zu heiß wurde. Da bot sie sich kurzerhand, aber vergeblich als Veranstalterin an. Gilt Haider doch neben Jean-Marie Le Pen, Führer der „Front National“ in Frankreich, als Vorbild der extremen Rechten in der BRD.

Eine weitere Abspaltung der „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP), die 1990 gegründete „Nationale Offensive“ (NO), tritt in zwei Wahlkreisen an. Ihr Kandidat ist der ehemalige „Junge Nationaldemokrat“ Günter Boschütz, Bundesvorsitzender einer „Deutschen Reichsjugend“ (DRJ).

Chancen auf einen Einzug in das Landesparlament im Südwesten besitzen lediglich die „Republikaner“. Unzufriedenheit mit der Landespolitik der CDU, die inszenierte Asyldebatte und eine zu erwartende niedrige Wahlbeteiligung rücken ein Ergebnis jenseits der Fünf-Prozent-Marke in den Bereich des Möglichen. Und deshalb diskutieren Union und SPD schon jetzt darüber, wem dafür Schuld und Verantwortung zugeschoben werden könnte. Sönke Braasch