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Gesundheitslage der GUS verheerend

WHO/UNICEF: Ohne Hilfe entsteht „teuflische Spirale aus Hunger, Krankheit und politischem Chaos“  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Die Hiobsbotschaften aus den GUS- Staaten reißen nicht ab. Die jüngste kommt von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf: Die GUS kann ihrer Bevölkerung kaum noch medizinische Versorgung bieten. Deshalb nimmt die Lebenserwartung der rund 220 Millionen Menschen ständig ab. Dies ist das Ergebnis einer WHO-Studie, die gestern in Genf veröffentlicht wurde. Im Januar und Februar hatten Experten der WHO gemeinsam mit Vertreterinnen des UNO-Kinderhilfswerkes UNICEF die Gesundheitslage und medizinische Versorgungssituation in 14 Republiken der ehemaligen Sowjetunion untersucht.

Das Fazit:„In keiner anderen großen Industriezivilisation sind so lange und so systematisch Land, Luft, Wasser und Menschen vergiftet worden. Keine andere fortgeschrittene Gesellschaft sieht sich in einer derart hoffnungslosen politischen und wirtschafltichen Situation und verfügt zugleich über derart wenige Mitteln, um in ihre Zukunft zu investieren.“ Das Gesundheitssystem ist weitgehend zusammengebrochen. Wurden etwa in der ehemaligen UDSSR rund 90 Prozent aller Kinder gegen die klassischen Kinderkrankheiten geimpft, so ist dies heute überhaupt nicht mehr möglich— es gibt weder Mittel gegen Masern, noch Impfstoffe gegen Kinderlähmung und Tuberkulose.

Auch andere Medikamente werden kaum mehr produziert, da die meisten osteuropäsichen Staaten die Lieferung der nötigen Rohstoffe eingestellt haben. Sie verlangen harte Währung, über die die GUS-Staaten kaum verfügen. Die noch erhältlichen Mittel sind nach der Freigabe der Preise für die meisten GUS-BewohnerInnen unerschwinglich geworden. Das gilt auch für Verhütungsmittel. Die Folge: in vielen GUS-Staaten kommt auf jede Geburt bereits eine Abtreibung.

Sauberes Trinkwasser wird immer mehr zum schwer zugänglichen Luxus. Selbst in einigen kanalisierten Städten gibt es Probleme, weil Trinkwasser mit Abwasser verunreinigt ist. Im größten und bevölkerungsreichsten GUS-Staat Rußland ging die duchschnittliche Lebenserwartung der Männer bereits zwischen 1965 und 1990 von 66,1 auf 63,8 Jahre zurück. Die WHO-Experten rechnen mit einer bechleunigten Fortsetzung dieses Trends. Dazu beitragen könnten außerdem die noch weitgehend unerforschten Auswirkungen von über 100 nichtmilitärischen und militärischen Atomexplosionen und —unfällen.

Besonders in der Umgebung von Schwerindustrieanlagen stellten die Experten eine Vervierfachung der Zahl von Mißbildungen bei Säuglingen und eine Verdoppelung bösartiger Tumore fest. Die Zahl der Nierenerkrankungen hat sich im Untersuchungsgebiet zwischen 1988 und 1990 um 74 Prozent erhöht.

Nur mit einer sofortigen, umfassenden Finanz-und Medikamentenhilfe könne diese Gesundheitskatastrophe begrenzt werden, heißt es in der WHO/UNICEF-Studie. Besonders dringend ist die Beschaffung von für die medizinische Grundversorgung unerläßlichen 50 Medikamenten, mit denen etwa 95 Proeznt aller Krankeiten behandelt werden können. Nur die westlichen Staaten seien in der Lage die notwendige Hilfe zu leisten. Unterbleibt die Hilfe, werde es in den GUS-Staaten zu einer „teuflischen Spirale von Krankheit, Hunger, wirtschatlichem und politischem Chaos kommen“, warnen WHO und UNICEF.

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