Nicht genug gebeugt

■ Chinas prominentester Dissident Wei Jingsheng bleibt in Haft

Peking (wps/taz) — Gestern vor dreizehn Jahren wurde Wei Jingsheng verhaftet. Das Vergehen des Pekinger Elektrikers: Er hatte genau hingehört, als der chinesische Politiker Deng Xiaoping Ende der siebziger Jahre eine neue Ära der Reform und Modernisierung versprach. In dem kurzen Pekinger Frühling von 1978/79, als die erste Demokratiebewegung mit Wandzeitungen und klandestinen Zeitschriften ihrer Hoffnung auf eine neue Zeit Ausdruck verlieh, forderte er eine Demokratisierung, ohne die die Modernisierung nur Makulatur sei.

Seine Analysen der Herrschaft der Partei und Berichte über die unmenschlichen Bedingungen in chinesischen Lagern und Gefängnissen trafen das Pekinger Regime ins Mark. Dabei griff er auch Deng Xiaoping selbst an, als Verfechter von Wirtschaftsreformen ohne politische Öffnung. Zur Beugung Weis und „Abschreckung“ anderer rächte sich die Führung mit der Verurteilung zu 15 Jahren Haft.

Isolationshaft und Arbeitslager haben Wei Jingshengs Gesundheit und Geist gebrochen. Nach Berichten aus Dissidentenkreisen soll er Haare und Zähne verloren haben; es heißt, er habe schizophrene Schübe gehabt.

Doch für das Regime in Peking ist dies nicht genug: Am Freitag erklärte Justizminister Cai Cheng, der Dissident werde nicht vorzeitig entlassen, da sein „Verhalten im Gefängnis nur durchschnittlich“ gewesen sei.

Auch andere — mittlerweile erkrankte — prominente politische Gefangene, wie die Anfang Januar 1991 zu dreizehn Jahren Haft verurteilten Dissidenten der Demokratiebewegung von 1989, Chen Ziming und Wang Juntao, könnten nicht auf Strafminderung hoffen, sagte Cai Cheng. li