: Die UNCED-Konventionen bleiben blutleer
■ Auch in Nairobi wird vorverhandelt: Dort geht es um eine Vereinbarung zur Rettung der biologischen Vielfalt
Das heikelste Thema im Vorfeld von Rio ist die sogenannte Klimakonvention. Der Weltverbrauch gerade an fossilen Energien stieg in den vergangenen Jahren noch einmal rapide an, er muß aber in Zukunft sinken, um den globalen Treibhauseffekt einzudämmen. Während die EG-Staaten inzwischen zumindest das Angebot machen, ihren treibhausfördernden Kohlendioxidausstoß bis 2000 stabil zu halten, wollen sich vor allem die USA nicht einmal auf dieses minimale Zugeständnis festlegen lassen. Eigentlich aber müßten die Industrieländer deutlich schärfer auf die Bremse treten, was ihre CO2-Emissionen angeht. Derzeit bläst jeder US-Amerikaner 50 mal mehr CO2 in die Luft als etwa ein Bewohner im afrikanischen Malawi. Will man der schnell wachsenden Bevölkerung der Dritten Welt nur die Möglichkeit geben, genausoviel Energie pro Kopf zu verbrauchen wie jetzt oder gar eine Entwicklung mit mehr CO2-Emissionen zugestehen, dann verlangt dies nach drastischen Einschränkungen im Energieverbrauch der Industrieländer. Effizienzsteigerungen werden hier auf Dauer nicht reichen, es geht um spürbare Energie-Einschränkungen. Hinter den Kulissen wird derweil auch der Streit um eine Konvention zur Rettung der biologischen Vielfalt des Planeten mit immer größerer Erbitterung geführt. Inzwischen ist nämlich klar, daß das genetische Potential aussterbender Arten, von Regenwäldern und weitgehend unberührter Natur „big business“ ist. Medizinisch nutzbare Pflanzen bringen schon heute 43 Milliarden Dollar Umsatz weltweit vor allem in der pharmazeutischen Industrie, so mexikanische Wissenschaftler im Vorfeld der Konferenz. Und allein die US-Landwirtschaft verdankt genetischen Keimhilfen aus den Tropen zwei Milliarden Dollar Mehreinnahmen. „Da gehen zur Zeit ungeheure Mengen an biologischen Informationen verloren, die nicht zu ersetzen sind“, so Susan Casey von der „World Conservation Union“ (IUCN). So schnell könnten Gentechniker die Erbinformation gar nicht nachproduzieren.
Mit dem großen Geschäft kam auch gleich der große Streit. Westliche Firmen, unterstützt von ihren Regierung, wollen die Heilwirkung neuentdeckter Pflanzen als exklusives Eigentum nutzen. Die Regierungen aus den Ländern des Südens verlangen aber eine Beteiligung an den Gewinnen aus der Nutzung. Außerdem wollen sie die entsprechenden Technologien in einem Technologietransfer zur Verfügung gestellt bekommen. Sechsmal haben sich die Unterhändler allein im vergangenen Jahr getroffen. Casey ist skeptisch, was den Ausgang der Verhandlungen angeht. Vielleicht werde der Druck zur Verabschiedung einer Konvention aber groß genug sein, um irgendein Papier zustande zu bringen. Darin würden sich mit ziemlicher Sicherheit keine Zahlen finden.
Das Washingtoner „World Ressource Institute“ hat den Finanzbedarf für den Schutz der biologischen Ressourcen kürzlich auf 50 Milliarden Dollar im Jahr beziffert. Auch der Streitpunkt Technologietransfer werde sicher nicht geregelt werden. Die letzte Verhandlungsrunde läuft nach dem bisherigen Zeitplan vom 18. bis 22.Mai in Nairobi.
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