piwik no script img

DIE FÜNFTE GEWALT - WEGE AUS DEM MEDIENDSCHUNGEL: Manager Magazin/Capital/Quick

Dem heranwachsenden Nachwuchs wird, von Fernseh-Serien, deren Helden fast ausnahmlos vom Erfolg verwöhnte Macker sind, bis hin zu den zahlreichen Kinder-Illustrierten ('Bravo‘, 'Tempo‘) der zentrale Lebensinhalt ständig eingebleut: immer im Mittelpunkt stehen, gleichzeitig natürlich auch ganz oben — und immer einen Batzen Kohle in der Tasche. Daß jene, die das schon erreicht haben, also die Versicherungsmanager, Industriekapitäne, Banker, aber auch die Angehörigen der deutschen politischen Klasse (wie der alte Klassenkämpfer Helmut Schmidt die Mitglieder der Parteien-Kasten zu nennen pflegt) auch noch andere Züge, gar dunkle Seiten haben, enthüllt der Psychoanalytiker Arno Gruen in einem Interview mit dem Manager Magazin: „Wir überlassen zu vielen Psychopathen die Macht... Sie brauchen den Feind, sei es eine Person oder den Wettbewerber, weil sie damit die inneren Konflikte nach außen ablenken.“ Die Rühes, Stoibers und Möllemänner also ideelle Insassen geschlossener Anstalten? „Wer noch Gefühle hat und damit auch Skrupel und Zweifel, gilt bei uns als schwach...“ Die vermeintlich Starken gelten bei Klugen oft als schwachsinnig.

Einer der führenden und einflußreichen Kompensations-Künstler ist der Gruner-&-Jahr-Vorständler und Capital-Herausgeber Johannes Gross. Der unablässig Zynismen Absondernde klagt in seinem aktuellen Leidartikel über die Kostspieligkeit unserer Staatsform: „Seit der Zeit des Ersten Weltkrieges hat sich die Menschheit daran gewöhnt, eine mehr oder minder große Inflation als schicksalhaft anzusehen. Eine Langfristbetrachtung weist nämlich nach, daß die permanente schleichende oder rennende Inflation ein Phänomen unseres Jahrhunderts, des demokratisch initiierten Massenwohlstandes, ist. In Zeiten annähernder Normalität ist vordem der Geldwert über Jahrhunderte stabil geblieben.“ Normalität der Jahrhunderte war der obszöne Reichtum der wenigen und die stinkende Armut der vielen. Vielleicht meinte Gross auch gar nicht Jahrhunderte, sondern vorbildlich stabile tausendjährige Reiche, in denen die Mark noch was wert war. Von der Maas bis an die Memel.

Dabei wird die Härte der teutschen Mark nicht nur vom demokratisch initiierten Massenwohlstand, auch nicht allein vom europäischen „Esperanto-Geld“ (Gauweiler über Ecu), sondern derzeit besonders von dem Anspruchsdenken unserer Brüder und Schwestern im Osten gefährdet, weiß auch Quick: „Der Westen finanziert mit seinen Milliarden den Konsum in den neuen Bundesländern... Auch die Erhaltung von Arbeitsplätzen wird zum Milliardengrab.“ Die Germanen waren eben auf den großdeutschen Geschmack gekommen, und bekanntlich war es schon immer ein wenig teurer, einen besonderen, einen besonders schlechten Geschmack zu haben. Zwar hatte hatte uns Oskar vor den gigantischen Kosten gewarnt, und erst ein wahltermingerechtes Messer ließ ihn rechtzeitig verstummen, aber hören wollten die wenigsten. Wer nicht hören will, der muß fühlen— predigen die gleichen ihren Kindern, die heute jammern: „Wird da nicht ein Faß ohne Boden finanziert? Sie...“ — die Wessis — „...müssen die unterschätzten Kosten der Vereinigung fast alleine tragen — mit drückenden Steuern, steigenden Zinsen und höherer Inflation.“ Als wären wir mit Kohl nicht schon gestraft genug. Steinbach mitleidlos: Wer den Dach-Schaden...

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen