: Wasserschaden in Bremer Haushalt
■ Welle-Verlegung gestern ohne Zwischenfälle, aber fünf Zentimeter zu kurz
Eine Bremer Provinzposse sollte gestern ihr Ende finden. Das Schifsrestaurant Welle wurde zu einem neuen Liegeplatz geschleppt, damit die Bauarbeiten für die umstrittene Fußgängerbrücke zum Teerhof begonnen werden können. Der Wirt der Welle hatte hart verhandelt und sich die Zustimmung zur Verlegung des Schiffes um 20 Meter für 350.000 Mark abkaufen lassen. Doch wer glaubt, nach den umfangreichen Kanalbauarbeiten und den gestrigen Schleppereinsätzen, die insgesamt runde 345.000 Mark verschlungen haben, sei dieses Kapitel bremischer Baugeschichte abgeschlossen, sah sich getäuscht. Nach umfangreichen Meßarbeiten von Buten&Binnen, Weser-Kurier und taz steht fest: Es fehlen fünf Zentimeter.
Mißtrauische Journalisten hatten mittels eines Maßbandes festgestellt, daß zwischen dem alten und dem neuen Liegeplatz genau 19 Meter und 95 Zentimeter liegen, selbst wenn das durchhängende Maßband keine Berücksichtigung findet. Bei einer Verlegungsprämie von 350.000 Mark beläuft sich der laufende Zentimeter Weserufer auf 175 Mark. Die fehlende fünf Zentimeter bedeuten somit ein Minus von 875 Mark im schlaffen Bremer Staatssäckel. Ob der Senat Rückforderungen stellen wird, dazu schwieg Rainer Imholze, der anwesende Sprecher des Bausenators.
„Was das wieder kostet“, stöhnte ein preisbewußter Bremer, als die „Welle“ gestern um 12.37 vom Martinianleger zum Martinianleger umzog. Ein Schlepper lag längsseits, ein zweiter schwamm als Sicherung vorweg, als das Schiff langsam seitwärts aus den Verankerungen und 19.95 Meter stromaufwärts gezogen wurde. Restaurantbesitzer Peter Heiss stand an Deck und ließ sich den Wind der weiten Seefahrerwelt um die Nase wehen. Zu seinen Gefühlen als Kapitän auf ganz kleiner Fahrt befragt, kam ihm nur ein sehnsuchtsvolles „sehr gut“ über die Lippen. Schon im zweiten Versuch klappte das Einparken. Alles in allem ein reibungslos verlaufenes seeemännisches Manöver. Manch einer der sensationsgierigen Schaulustigen hatte es anders erhofft. „Scheiße, die schwimmt ja tatsächlich“, war einer der enttäuschten Kommentare. Die „Welle“ gilt nicht gerade als Prunkstück der Weißen Flotte „Die muß da wirklich nicht liegen“, meinte eine Beobachterin, „da drin sieht es aus, wie in einem russischen Offizierspuff.“ J.G.
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