Bezirkswahlen ohne Hasse

■ Ex-Bürgermeister jetzt im Kampf gegen Motorboote auf dem Müggelsee

Berlin. Der wohl spektakulärste Bürgermeister aus dem Ostteil der Stadt, Benno Hasse aus Mitte, wird zu den Bezirkswahlen im Mai nicht mehr antreten. Hasse, der 1990 als einziger Bündnis-90-Mann den Sprung an die Spitze schaffte, hatte während seiner zweijährigen Amtszeit mehrfach für Aufregung gesorgt. Den größten Presse- und Meinungswirbel verursachte sein laut geäußerter Gedanke an ein städtisches Bordell in seinem Bezirk. Den bittersten Nachgeschmack behielt er selbst vom Mißtrauensantrag aus der eigenen Fraktion. Die monatelangen Querelen führten bis zum Bruch des Bezirksoberhauptes mit dem Bündnis. Aus dem Amt hebeln ließ sich Hasse nicht.

Mit der Gründung der Wahlvereinigung Bündnis 90 löste sich Hasses politische Heimat »Demokratie jetzt«, an dessen Gründung er maßgeblich mitgewirkt hatte, auf. Jetzt ist Hasse parteilos. Nachgesagt wurde ihm, er liebäugele mit der SPD. Hasse selbst aber betonte, daß er unabhängig bleiben wolle. Sozialdemokraten hätten ihm angeboten, sich als Kandidat für ihre Partei aufstellen zu lassen. Doch in der entscheidenden Abstimmung fehlte dann die Mehrheit. Seine politischen Ambitionen will der gelernte Schiffbauer jetzt in Bürgerinitiativen verwirklichen, zum Beispiel in seinem Wohnbezirk Köpenick beim Kampf gegen die Motorboote auf dem Müggelsee. Doch eine interessante Offerte aus Brandenburg, dort als Bürgermeister zu arbeiten, werde er nicht gleich ausschlagen.

Als »Wanderung auf einer Glasscherbe hochkant« beschrieb Hasse seine Regierungszeit. Schmerzhaft erinnert er sich an »Intrigen, Machtkämpfe und parteipolitisches Gerangel«. Nicht fünf gewählte Fraktionen habe er unter einen Hut bringen müssen, sondern mindestens zehn tatsächlich existierende. Oft seien Diskussionen ohne Sachverstand geführt und Entscheidungen nur nach parteipolitischen Intentionen getroffen worden. Auch die »ständigen Eingriffe des Senates in die Rechte der Bezirke« wurmten den Politiker. Stolz ist Hasse auf seine bis zum Schluß durchgehaltene Bürgernähe. Bei zahlreichen Entscheidungen in Mitte wie bei der Festlegung der Spandauer Vorstadt als Sanierungsgebiet seien die Leute vor Ort hinzugezogen worden.

Viele Ideen aus Bürgerversammlungen konnten umgesetzt werden. Hasse verweist dabei auf die verkehrsfreie Zone im Nikolaiviertel und sozialen Wohnungsbau am früheren Mauerstreifen in der Bernauer Straße. Sein Nachfolger, so betonte der Politiker, sollte diese Verbindungen nicht abreißen lassen und die angefangenen Projekte zu Ende führen. Dazu zählt er auch die geplanten zwanzig Prozent sozialer Wohnungsbau im Olympiaquartier auf dem Gelände des Stadions der Weltjugend und den Erhalt der Friedrichstadt mit barockem Grundriß und Traufhöhe. Für die neu zu bildende Regierung in Mitte wünscht sich Hasse eine Koalition von Bündnis 90 und SPD, weil deren Standpunkte in großen Teilen übereinstimmten. Wenn der neue Bürgermeister eine starke Partei im Rücken habe, könne er Entscheidungen leichter treffen als er. Dorit Knieling/adn