: Asien kämpft gegen Kinderhandel
■ Adoptionen an ausländische Paare sollen erschwert werden/ Südkorea will sich selbst um seine Waisen kümmern/ Händlerbanden kassieren pro Kind zwischen 5.000 und 50.000 Dollar
Manila (afp) — Zahlreiche asiatische Länder haben dem Kinderhandel den Kampf angesagt und wollen auch die legale Vermittlung von Kleinkindern zur Adoption ins Ausland drastisch einschränken. Etwa 20.000 Kinder aus Lateinamerika und Asien und einige wenige aus Afrika werden jedes Jahr von kinderlosen Ehepaaren in den Industrieländern adoptiert.
Wie viele Kinder auf illegalem Weg von organisierten Banden an wohlhabende Familien im westlichen Ausland verkauft werden, kann nicht einmal geschätzt werden, teilte die Genfer Organisation „Internationaler Schutz für Kinder“ (DCI) auf der internationalen Konferenz über Kinderhandel in Manila mit, die gestern zu Ende ging. Die Gewinnspanne beim Kinderhandel ist enorm. Im Schnitt kassieren die Banden nach Angaben von DCI für ein Neugeborenes zwischen 5.000 und 50.000 Dollar „Vermittlungsgebühr“. Paare, die auf legalem Weg ein Kind in Asien oder Lateinamerika adoptieren, müssen dafür höchstens 2.000 Dollar ausgeben.
Die meisten adoptionswilligen Paare finden Kinderhändlerbanden in Deutschland, den USA, in Kanada, Australien, Neuseeland, Italien, Frankreich, Israel, Norwegen, Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz. Nach Ansicht von Peter Eisenblatter von der Hilfsorganisation Terre des Hommes ist die Vermittlung von Waisenkindern an Ehepaare im Ausland nicht verwerflich. Die Nachfrage sei jedoch in den vergangenen Jahren so stark gestiegen, daß Kinderhändlerbanden „in einer furchtbaren weltweiten Entwicklung“ daraus Profit schlügen. Weil immer mehr Paare selbst keine Kinder bekommen könnten, suchten viele verzweifelt nach Adoptivkindern und seien auch bereit, sich auf kriminelle Vermittler einzulassen.
Babys aus Lateinamerika und Asien sind nach Angaben von Eisenblatter besonders begehrt. Nur sehr wenige Paare in Europa seien auch bereit, Kinder aus Afrika zu adoptieren. Und gerade dort werde es wegen der raschen Ausbreitung von Aids in den nächsten Jahren sehr viele Waisenkinder geben, die neue Eltern brauchten.
Clarence Shubert vom UN-Kinderhilfswerk Unicef warnte auf der Konferenz in Manila, unter dem Deckmantel der Adoptionsvermittlung ins Ausland verkauften kriminelle Banden auch Kinder als Prostituierte. Unicef lägen Berichte vor, wonach Kinder aus Laos, Birma, China, Kambodscha und Vietnam mit Adoptionspapieren ins Ausland geschafft wurden, dort aber an Kinderbordelle verkauft wurden. Mehrere asiatische Regierungen wollen ihre Waisen besser schützen und dem Verkauf und der Vermittlung ihrer Babys an ausländische Adoptiveltern einen Riegel vorschieben.
Südkorea, einst wichtigster „Lieferant“ von Babys an kinderlose Paare in den USA und einigen europäischen Ländern, hat seine Bestimmungen nach Angaben von Terre des Hommes „drastisch verschärft“. Seit dem wirtschaftlichen Aufschwung wolle das Land selbst für seine Waisen sorgen, sagte Eisenblatter. Dennoch sei Südkorea das einzige asiatische Schwellenland, das heute noch die Vermittlung seiner Kinder an ausländische Adoptiveltern gestatte.
In Indien sind die Behörden seit einem Urteil des Obersten Gerichts 1984 angehalten, zunächst im eigenen Land nach Adoptiveltern für Waisenkinder zu suchen. Nur wenn sich trotz intensiver Bemühungen kein indisches Paar findet, darf ein Waisenkind auch ins Ausland vermittelt werden.
Die philippinische Regierung kündigte auf der Konferenz ein schärferes Vorgehen gegen Babyhandel an. Auch gebe es strenge Gesetze, die die Adoption durch Ausländer regelten. Indonesien, aus dem einst die meisten Adoptivkinder für die Niederlande kamen, hat seine Gesetzgebung ebenfalls verschärft. In Sri Lanka, wo sich in den vergangenen Jahren viele kinderlose Paare aus Europa ihren Wunsch nach einem Baby erfüllen konnten, verabschiedete das Parlament im vergangenen Monat ein Gesetz, das für Ausländer eine Reihe bürokratischer Hürden vor einer Adoption errichtet. Grundsätzlich ist eine Adoption in Sri Lanka aber immer noch auf legalem Weg möglich.
Illegale Kinderhändlerbanden sind in Sri Lanka besonders aktiv. Nach Angaben eines srilankischen Konferenzteilnehmers unterhalten sie „Babyfarmen“, wohin junge Mütter zur Entbindung gebracht werden. Dann wird ihnen Geld geboten, und sie werden starkem Druck ausgesetzt, damit sie ihr Kind zur Adoption freigeben. Cecilia Quiambao
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen