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Kompromiß bestätigt

■ Die Wiederwahl von Walter Jens an der Akademie der Künste: Bezahlt ist schon, jetzt steht die Lieferung aus

Guter Witz: Eine Tagung zum Thema „Braucht der Mensch Feindbilder?“ will Walter Jens veranstalten. Halt. Falsch gelesen. Nicht eine Tagung, sondern gleich einen Kongreß.

Man kann sich schon denken, wie das weitergeht. Als nächstes kommt die kritische Ausgabe der Karikaturen im 'Neuen Deutschland‘, dann ein Filmfestival zum Thema „Menschen und Grenzen“ (mit Schwerpunkt DEFA), und zu Weihnachten ein Vortrag von... na? Walter Jens zum Thema: „Doch, Jesus wirkte auch in Sachsen.“

Aber noch sind die Akademien weder ge- noch vereinigt; die politische Entscheidung, eine Gesetzesänderung, steht noch aus. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn rund ein Drittel sämtlicher „alter“ westlicher Akademiemitglieder anreiste, um den Präsidenten Walter Jens mit überwältigender Mehrheit (70 Ja-, 6 Neinstimmen) als Präsidenten zu bestätigen; für erst einmal neun Monate. Neunzig Prozent Zustimmung sind natürlich beeindruckend und besagen, daß es einer eventuellen Jens-Opposition nicht opportun erschien zu erscheinen. So konnten die Jensler richtig machen, was richtig zu machen war. Den weltläufigen Alleinunterhalter aus Hamburg-Tübingen jetzt zu schwächen, wäre für die Akademie mit Sicherheit schädlich gewesen. Es ist ja ein hoher Preis bezahlt worden. Nun steht die Lieferung noch aus.

Tatsächlich ist mit dem „Sieg der Vernunft“ (Jens) ein Exempel an Renegaten statuiert worden; und während Jens neulich noch vor sich hinplapperte, Austritte habe „es immer gegeben“, ist es Heiner Müller nicht entgangen, daß „fast alle bedeutenden Künstler aus der West-Akademie ausgetreten sind— weil sie aus der DDR kamen“. Daß eine Institution, die von irgendeiner Gemeinsamkeit schließlich leben muß, jene opfert, die über schwierigste — also gänzlich individuelle — Wege zu den bedeutendsten Künstlern (nicht nur West-) Deutschlands geworden sind, ist ohnehin bitter. Wäre es gänzlich Müllers Weg, wäre das Ergebnis allein dadurch legitimiert, daß Müller sein Werk eben nicht auf einen politischen Kompromiß gebaut hat. Aber es ist letztlich auch ein Durchmarsch der Alt- Linken, also derer, die mit den Apparatschiks schon immer geklüngelt haben. Im Kreise der en bloc Zugewählten findet sich, zum Beispiel, auch Franz Josef Degenhardt. Was natürlich noch eine Option bietet für das Jahresprogramm. Als Termin wäre der 1.Mai zu empfehlen. Ulf Erdmann Ziegler

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