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Urabstimmungen im öffentlichen Dienst

■ Gewerkschaften zeigen sich kampfbereit/ Auch Polizisten wollen streiken/ Innenverwaltung ist vorbereitet/ Am 1.Mai beginnen die Verhandlungen über die Ost-Tarife

Berlin. Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in den alten Bundesländern ist auch in Berlin mit Kampfmaßnahmen der Gewerkschaften zu rechnen. Die Gewerkschaft ÖTV hat ihre Mitglieder im Westteil der Stadt zu einer Urabstimmung für den Zeitraum vom 22. bis zum 24. April aufgerufen. Zur gleichen Zeit will die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ihre Mitglieder, die in den städtischen Kindertagesstätten arbeiten, über Streikmaßnahmen abstimmen lassen. Beide Gewerkschaften zeigten sich gestern überzeugt, daß die erforderlichen 75 Prozent der Betroffenen für einen Arbeitskampf votieren werden.

Der ÖTV-Vorsitzende Kurt Lange erklärte, daß die Arbeitgeber mit der Ablehnung des Schlichtungsergebnisses und dem Angebot von 4,7 Prozent einen Streik im öffentlichen Dienst provoziert hätten. Die Schlichtungskommission hatte eine Tarifsteigerung von 5,4 Prozent vorgeschlagen.

Das zuständige Vorstandsmitglied der GEW, Ilse Schaad, wertete das Angebot der Arbeitgeber als »dreiste Provokation«. Wenn Kampfmaßnahmen beschlossen werden, werde es in den Kindertagesstätten in West-Berlin zu Streiks kommen. »Wenn die Arbeitgeber bei ihrer Verweigerungshaltung bleiben«, so Frau Schaad, »kann eine Ausweitung des Streiks auch in die Ganztagsgrundschul- und Gesamtschulbereiche nicht ausgeschlossen werden.« Auch die Gewerkschaft der Polizei will sich an den Kampfmaßnahmen beteiligen. Ihr stellvertretender Landesvorsitzender Eberhard Schönberg verwies darauf, daß die Preissteigerungsrate bei vier Prozent liege und die Beschäftigten wegen des Wegfalls der Berlinzulage zusätzliche Einkommenseinbußen hinnehmen müßten.

Derweil vertraut Innensenator Heckelmann darauf, daß die beteiligten Tarifpartner »noch zur Vernunft kommen«. Nichtsdestotrotz stellt er sich auch auf Kampfmaßnahmen ein. Wie seine Sprecherin, Martina Ernst, erklärte, werde sichergestellt, daß es in den für die Bevölkerung sensiblen Bereichen eine Notversorgung gebe. Dies betreffe vor allem die Krankenhäuser, die Polizei und die Feuerwehr.

Die Tarifverhandlungen für die etwa 1,4 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den fünf neuen Bundesländern einschließlich Ost-Berlins werden am 1.Mai beginnen. Die ÖTV-Vorsitzende Monika Wulf-Mathies will heute in Erfurt den Forderungskatalog ihrer Gewerkschaft vorstellen. Wie sie gestern erklärte, sei das tarifpolitische Ziel, eine möglichst schnelle Angleichung der Ost-Einkommen an westliches Niveau zu erreichen. taz

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