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Kon-Fusionsgesetz sorgt für Unruhe

■ Beim Fusionsgesetz schlägt CDU und SPD der Protest der Hochschulen entgegen

Beim Fusionsgesetz geht es um die Zusammenlegung der Fachbereiche Veterinärmedizin, Lebensmitteltechnologie und Agrarwissenschaften an Westhochschulen und der Humboldt-Universität. Das Gesetz ist heftig umstritten. So hat der Akademische Senat der Humboldt-Universität Anfang der Woche gegen das Vorhaben protestiert und Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht angekündigt. Nachfolgend eine Analyse zum Thema von Marlis Dürkop, hochschulpolitische Sprecherin der Abgeordnetenhaus-Fraktion von Bündnis 90/ Grüne.

Das sogenannte Fusionsgesetz birgt mehr Konfliktpotential, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Für die betroffenen WissenschaftlerInnen, MitarbeiterInnen und StudentInnen zeichnen sich, falls der vorliegende Entwurf beschlossen wird, weitreichende Konsequenzen ab. Der derzeitige Stellenbestand in den drei Fachbereichen wird um rund 600 Stellen abgebaut, allein im Bereich Veterinärmedizin fallen von 750 Stellen 280 weg. Wegen der Kündigungsschutzrechte im Westen ist eine »Abwicklung« der Ostfachbereiche einprogrammiert. Die vom Senat vorgeschlagenen zusätzlichen 30 Stellen stehen im krassen Mißverhältnis zu den vorgesehenen Entlassungen. Diese Kündigungen sind nach dem Einigungsvertrag nur noch bis zum 3.10.92 (dem Tag der Einheit...) möglich. Das erklärt die plötzliche Eile bei der Fusion und den Verzicht auf die von allen Beteiligten gewünschte Übergangsfrist von drei bis fünf Jahren für ein allmähliches Zusammenwachsen.

Gewerkschaften und Personalräte im Westen lehnen den Gesetzentwurf entschieden ab, da die Übergangsbedingungen für die Beschäftigten im Westen ebenfalls ungesichert sind. In den acht bisherigen Entwürfen wurden die diesbezüglichen Formulierungen schrittweise verwässert, was Mißtrauen schafft.

Auch die Übergangsregelungen für die StudentInnen bergen bemerkenswerte Überraschungen. Über Nacht werden sie an ihrer Universität exmatrikuliert und automatisch bei einer anderen eingeschrieben, ihr Einverständnis wird stillschweigend vorausgesetzt. Am Morgen des 1.10. erwachen sie mit 115 DM weniger Bafög (im Westen, weil sie formal an einer Ost-Uni studieren) oder mit entsprechend gestiegenem (Osten) Bafög, obwohl sich außer den Türschildern an ihren Instituten nichts verändert hat.

Daß bei dieser Gelegenheit die jährliche Aufnahmequote für StudentInnen kurzerhand beträchtlich verringert wird (von etwa 1.000 auf 650), versteht sich fast von selbst. Ob das alles (kapazitäts-)rechtlich haltbar ist, muß sich noch erweisen.

Aus unserer Sicht ist das vorliegende Gesetzesvorhaben überflüssig. Das Berliner Hochschulgesetz hätte genügend Spielraum geboten, um in gemeinsamen Kommissionen (nach Paragraph 74) das von allen akzeptierten Zusammengehen inhaltlich fundiert vorzubereiten und die organisatorischen Probleme zu klären. Die anstehenden Fusionen der drei Fachbereich hätten zu Beispielen für eine einvernehmliche Neuordnung der Berliner Hochschullandschaft Ost/West werden können. Diese Gelegenheit scheint gründlich verpaßt.

Darüber hinaus zeigt der Entwurf für die derzeitige Berliner Hochschulpolitik typische Tendenzen: Die Stärkung des Staatseingriffes in die Autonomie der Hochschulen und die Schaffung von Kompetenzwirrwarr.

Das Ziel diese Gesetzes, nämlich die Auflösung und Einrichtung von Fachbereichen und Studiengängen, liegt bisher eindeutig in der Kompetenz der Akademischen Senate und Kuratorien der Hochschulen.

Diese Aufgaben sollen nun von Gründungskomitees wahrgenommen werden, deren Besetzung maßgeblich vom Senator für Wissenschaft und Forschung beeinflußt wird. In einer ebenfalls neuen »gemeinsamen Personalkommission« werden heikle Personalangelegenheiten der Zuständigkeit der Universitäten entzogen.

Die im Ostteil der Stadt durch das Ergänzungsgesetz eingeschränkten Rechte werden stückweise nun auch im Westen beschnitten.

Eine Fülle von Gremien werden miteinander oder gegeneinander arbeiten. Gründungskomitees, ihre Arbeit abschließende Struktur- und Berufungskommissionen, amtierende Fachbereichsräte und die Zentrale Struktur- und Berufungskommission werden viel Zeit und Kraft für Zuständigkeitsdebatten aufwenden müssen. Ob die Akademischen Senate und Kuratorien widerstandslos ihre Rechte abgeben werden, wird sich zeigen.

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