: Unübersichtliche Ferienbetreuung
■ Jugendverwaltung hat Ferienbetreuung für behinderte Kinder neu geregelt/ Doch Eltern protestieren
Berlin. Der 16jährige Peter besucht statt einer »normalen« Schule das heilpädagogische Therapeutikum in Zehlendorf. In den Ferien betreute ihn bisher die »Lebenshilfe für das geistig behinderte Kind e. V«. In einem Clubhaus am Teltower Damm wurde gegrillt, gebastelt, Ausflüge gemacht. In diesem Jahr verbringt er die Osterferien zu Hause. Die »Lebenshilfe« ist per Beschluß der Senatsverwaltung für Jugend nur noch für den nordöstlichen Teil der Stadt zuständig. In Zehlendorf wurde ein neuer Träger für Ferienbetreuung eingesetzt. Einige Eltern, unter anderem der Vater von Peter, Falk Redecker, protestieren gegen diese Einschränkung der Wahlfreiheit.
Die Neuorganisation sieht vor, daß künftig drei Träger in Berlin für die Ferienbetreuung zuständig sind— aufgeteilt nach Stadtgebieten. Die »Lebenshilfe« als erfahrener Verein sei bewußt den etwas weniger erfahrenen Bezirksämtern im Ostteil zugeordnet worden, erklärte ein Mitarbeiter der Jugendverwaltung der taz. Die »Lebenshilfe« sei außerstande, die Ferienbetreuung in 23 Bezirken zu gewährleisten. Außerdem habe man mit den Trägern »VJB e.V.« und der »Betreuungshilfe e.V.« kompetente Partner gefunden. Falk Redecke sieht das anders. Mit dem »VJB« werde ein Verein eingeschaltet, der mit Behinderten bisher nichts zu tun gehabt habe, bemängelt er. In der Tat beschäftigte sich »VJB« bisher mit Gruppenreisen, die nicht speziell für behinderte Kinder ausgelegt waren. Daß »Mängel in der Anfangszeit auftreten können«, schließt auch der Mitarbeiter der Jugendverwaltung nicht aus.
»Ich muß mich darauf verlassen können, daß mein Sohn optimal betreut wird«, so Redecke. Vom »VJB« hätten sich Betreuer vorgestellt, die sich »untereinander kaum kannten und kurzfristig zusammengesucht worden waren«. Erfahrungen im Umgang mit Behinderten seien nicht erkennbar gewesen. Marianne Joachim, Vorsitzende von »VJB«, wies die Vorwürfe gegenüber der taz zurück. Die Mitarbeiter seien lernfähige Menschen mit großem Engagement. »Unverständlich und kompliziert« findet Gerd Heinrichs von der »Lebenshilfe« die Neuregelung. Er fordert, Angebote verschiedener Träger nebeneinander zu stellen und die Eltern entscheiden zu lassen, in wessen Hand sie ihr Kind geben. Sonst werde der Anspruch auf vertrauensvolle Betreuung umgangen. jgo
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