MIT DEN CHEFGEHÄLTERN AUF DU UND DU: US-Konzernbosse sahnen ab
■ Die Spitzensaläre werden zum öffentlichen Ärgernis
New York (dpa/taz) — Wer in den USA in einem Chefsessel sitzt, wird großzügig entlohnt. Scheinbar unaufhaltsam steigen die Gehälter, Aufwandsentschädigungen, Boni und Aktienbeteiligungen der Konzernbosse. Während mehr als neun Millionen US-BürgerInnen nach einer Stelle suchen und sich die ArbeitnehmerInnen seit den frühen achtziger Jahren mit stagnierenden oder gar rückläufigen Realeinkommen bescheiden müssen, kennen die Saläre der Unternehmensbosse keine Grenzen.
In den USA verdienen die Chefs von Großkonzernen mit mehr als einer Milliarde Dollar Umsatz im Schnitt 3,2 Millionen Dollar im Jahr, in der Bundesrepublik sind es immerhin stattliche 800.000 Dollar. Nur im asketischen Japan müssen sich die Firmenpatrone mit lediglich 525.000 Dollar begnügen, hat jüngst der amerikanische Wirtschaftsprofessor Graef Crystal errechnet. Während sich die US-Spitzenmanager Mitte der siebziger Jahre nur den 34fachen Lohnes einfacher MitarbeiterInnen einstreichen konnten, dürfen sie jetzt das 109fache in ihre Tasche stecken.
Die exklusive Riege der Gehaltsmilliardäre hat laut einer Liste der Tageszeitung 'US Today‘ kräftig abgesahnt: So erhielt Coca-Cola-Chef Robert Goizueta im letzten Jahr ein Aktienpaket der eigenen Firma im Wert von 82,5 Millionen Dollar und einen Bonus von 4,7 Millionen Dollar. Einzige Bedingung: Goizueta muß bis zu seinem Ruhestand im April 1996 seiner Getränkefirma treu bleiben. Noch großzügiger wurde Leon Hirsch, mit 1,8 Millionen Dollar dotierter Spitzenmann des medizintechnischen Konzerns US Surgical bedient: Er erhielt Kaufoptionen auf 2,75 Millionen Aktien mit einem Wert von 114 Millionen Dollar. Anthony O'Reilly, der als Boß des Ketchup-Imperiums H.J. Heinz 1991 insgesamt 4,7 Millionen Dollar Gehalt und Boni einstrich, hat bereits mit Aktienoptionen im Wert von 71,5 Millionen Dollar Kasse gemacht. Auch Philip-Morris- Chef Hamish Maxwell erhielt zum Abschied statt einer goldene Uhr Gesamtkompensationen samt Aktienoptionen im Wert von 46 Millionen Dollar.
Der Aufschrei der US-Medien über die exorbitanten Einkünfte von Amerikas Spitzenverdienern blieb nicht ohne Resonnanz: Als „exorbitant“ geiselte US-Vizepräsident Dan Quayle die Saläre; Präsidentschaftskandidat Bill Clinton versprach sogar, bei einem Wahlsieg der „astronomischen“ Entlohnung Abhilfe zu schaffen. Im Kongreß türmen sich Vorschläge, um die Spitzengehälter gesetzlich einzuschränken, und die Wertpapierkommission SEC hat erstmals nichtbindende Aktionärsabstimmungen über die Bezahlung der Konzernspitzenmanager auf Hauptversammlungen zugelassen. es
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