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Nur schmale Kost im Kosmos

■ Zum Ufo-Kongreß in Berlin kamen jeden Tag über 400 Besucher und Ufologen aus der ganzen Welt/ Forscher vermuten im Weltall verschiedene Stämme/ Kein Ufo am Hauptstadthimmel

Berlin. Raumschiffe so groß wie Städte, Außerirdische mit Hundeköpfen oder Reptilienkörpern und verschreckte Menschen, die von »Extraterrestriern« (»E.T.«) gekidnappt werden. Geht es nach überzeugten Ufo-Experten, so ist die Erde längst in der Hand hochentwickelter Allbewohner. Diese flitzten nicht nur in fliegenden Untertassen durch die Galaxien, sondern seien »bereits unter uns«. Namhafte Ufo- Forscher, die sich über Ostern zu einem viertägigen Kongreß in Berlin versammelten, warnen jedoch vor Hysterie unter den Erdlingen. »Relax, don‘t panic« (Entspannen, keine Panik), lautet ihre Botschaft.

Täglich kamen etwa 400 Ufo-Fans zum Kongreß

Obwohl die zumeist aus den USA stammenden Ufologen auch in Berlin keine stichhaltigen Beweise vorlegen konnten, pilgerten täglich etwa 400 Ufo-Fans zu dem nicht unumstrittenen Treffen »Kommunikation im Kosmos«. Alt und Jung, Schrille und Seriöse, sogar komplette Familien lauschten den Experten, die fest vom Leben außerhalb der Erde überzeugt sind. »Die Zeit ist reif«, meint der als Ufo-Papst geltende Kongreß- Schirmherr Virgil Armstrong. »Vor zehn Jahren wären wir noch verdammt worden.«

Im Kosmos gibt es verschiedene Stämme

Der 69jährige Ex-Major der US-Armee ist wie sein russischer Kollege Valerij Nagibin überzeugt, daß gute und schlechte Wesen aus dem All auf die Erde kommen. Die übel gesinnten »E.T.« kümmerten sich nicht um den Willen der Menschen und entführten sie beispielsweise, die anderen wollten helfen. Alle Forscher waren sich einig, daß es etliche Stämme von Außerirdischen im Kosmos gibt: Menschenähnliche Bewohner der Plejaden, »engelsgleiche Ultra-Terrestrier« oder Wesen mit Hundegesichtern und Geschöpfe mit Reptilienkörpern.

Außerirdische haben schlechten Appetit

Armstrong will hellhäutige, haarlose Wesen mit überdimensionalen Köpfen und großen Augen bereits 1948 bei der Bergung eines Ufos im US- Staat New Mexico gesehen haben. »Sie hatten an jeder Hand vier Finger, statt Nasen und Ohren nur Öffnungen und schlitzartige Münder. Sie trugen einen enganliegenden Dress. Alle fünf Besatzungsmitglieder waren tot. Als wir ihre Kleider aufschnitten, entdeckten wir zurückentwickelte männliche Geschlechtsorgane.«

Wenn man den Experten glaubt, haben die Außerirdischen wenig Appetit. Jerry Wills, der als Jugendlicher fünf Jahre lang engen Kontakt zu menschenähnlichen Besuchern vom »Tau Ceti«-Stern gehalten haben will, meint deren Eßgewohnheiten genau zu kennen. Es gebe Früchte, Vollkornbrot, rohen Fisch nach Art des japanischen Sushi, Gemüse und einen schauerlich aussehenden Kiwi-Drink. Fleisch, Alkohol und Tabak seien tabu. »Ich würde verhungern«, sagt der 38jährige, der als einziger Mensch ein Geschenk der »E.T« — eine makellose Glas- Kugel — erhalten haben will.

Selbst »schlechte« Allbewohner sollen außergewöhnliche Fähigkeiten zum Heilen von Krankheiten und Gebrechen haben. Das berichtet die US-Psychologin Edith Fiore, die über dreihundert, zu medizinischen Untersuchungen angeblich in Raumschiffe entführte Patienten betreut haben will. Die Gekidnappten hätten zwar noch Jahre danach Angstzustände und Alpträume, doch chronische Leiden seien mitunter völlig verschwunden.

Ebenso wie die sympathische 43jährige aus der Gegend von San Francisco wirkten auch die meisten anderen Referenten weder wie überdrehte Heilslehrer noch wie geschickte Geschäftemacher. Einige von ihnen lebten lange mit Indianern zusammen, studierten alte Kulturen, etwa der Maya, und suchten in afrikanischen Wüsten und in Dschungelgebieten Mittel- und Südamerikas nach Landeplätzen.

Viele der Forscher wirkten seriös

Nicht wenige der amerikanischen Ufo-Forscher haben wie Armstrong eine Karriere bei der Armee oder der Weltraumbehörde NASA hinter sich. Ex-Apollo-Astronaut Brian O‘Leary reist inzwischen um die Welt und berichtet von seinen »Begegnungen der vierten Art«. Als Einstimmung verdreht er einen harten Löffel wie eine weichgekochte Nudel. Größere Wunder blieben jedoch aus — kein Ufo weit und breit am Hauptstadthimmel. Nur ein unsichtbarer »E.T.« soll gekommen sein. Armstrong: »Ich spürte plötzlich eine Hand auf meiner Schulter. Hinter mir stand aber niemand.« Christian Böhmer

Jutta Lauterbach (dpa)

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