: Beckmeyer will Fücks übertölpeln
■ Fruchtumschlag im Europa-Hafen soll nun doch ausgebaut werden
Ein Vorstoß des Hafensenators Uwe Beckmeyer (SPD) sorgt für Zündstoff in der Koalition. In einer Tischvorlage für die nächste Senatssitzung am kommenden Dienstag schlägt Beckmeyer vor, den Fruchtumschlag in den Bremer Häfen im Europahafen zu belassen und dort auszubauen. Im letzten Sommer hatte der Senat noch beschlossen, die knapp 200.000 Tonnen Früchte, die pro Jahr in Bremen umgeschlagen werden, im Neustädter Hafen links der Weser löschen zu lassen.
Beckmeyer nutzte für seinen Vorstoß den Urlaub von Umweltsenator Ralf Fücks (Grüne). Der hatte sein Auge auf die freiwerdenden Flächen im Europa-Hafen geworfen und will dort Wohnhäuser bauen lassen. Der grüne Hafendeputierte Manfred Schramm reagierte entsprechend sauer auf den Vorstoß Beckmeyers: Der Senat müsse warten, bis ein in den Koalitionsvereinbarungen verabredetes neues Hafenstruktur- Konzept vorliege. „Wenn der Senat sich nicht lächerlich machen will, wartet er die in Auftrag gegebene Überprüfung von sechs alternativen Standorten für den Fruchtumschlag ab.“
Nach bisherigen Informationen sind die Berechnungen für den Umbau des Neustädter Hafens viel zu niedrig angesetzt worden. Mittlerweile haben Beamte des Hafenressorts dreistellige Millionenbeträge ausgerechnet, um den Fruchtumschlag im Neustädter Hafen zu realisieren, im letzten Sommer lagen diese Zahlen noch nicht vor. Die Bremer Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft Treuarbeit prüft diese Rechnungen derzeit noch nach.
Unklar ist zur Zeit, warum sich der Senat im letzten Sommer im Schnellverfahren für den Neustädter Hafen entschieden hat. Möglicherweise gab ein Brief des Scipio-Prokuristen Bernd A. Wessels den Ausschlag, der am 12. Juni 1991, also wenige Tage vor der Senatsentscheidung, dem Hafensenator damit gedroht hatte, den Fruchtumschlag seiner Firma auf die Benelux-Häfen umzudirigieren, wenn die Umschlaganlagen nicht verlegt würden.
Plötzlich findet der Ausbau des Frucht-Umschlages auch bei der BLG Gefallen. Jetzt erklärt der Sprecher der Bremer Lagerhaus- Gesellschaft, Hajo Weil: „Das Gelände am Europa-Hafen ist für den Fruchtumschlag genau richtig.“ Die BLG schätzt, daß sie bis Ende 1993 den Wunsch ihres größten Kunden, des Fruchthofes, nach Ausbau der Hafenanlagen realisieren kann.
Die Grünen wollen die Beckmeyer-Vorlage am Montag abend vor den Koalitionsausschuß bringen. Die FDP hat bereits erklärt, daß die Gutachten für die alternativen Standorte abgewartet werden müßten, bevor eine Entscheidung getroffen werden kann. Der Obmann der SPD in der Hafendeputation, Andreas Weichelt, hält dagegen den Europa-Hafen „für die optimale Lösung.“ mad
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen