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Urabstimmung bei der ÖTV läuft „glänzend“

Stuttgart (ap/afp) — Unter lebhafter Beteiligung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Westdeutschlands sowie der Mitarbeiter von Bundesbahn und Bundespost ist gestern die Urabstimmung über den ersten flächendeckenden Arbeitskampf seit 18 Jahren angelaufen. Bei der dreitägigen Urabstimmung sind bis Freitag mittag in den alten Bundesländern insgesamt mehr als 900.000 Gewerkschaftsmitglieder zu den Urnen gerufen. Abstimmungsberechtigt sind Arbeiter, Angestellte und Auszubildende, nicht jedoch Beamte. Die Gewerkschaften rechnen mit einer breiten Zustimmung ihrer Basis für Kampfmaßnahmen, für die 75 Prozent Jastimmen nötig sind. Die Ergebnisse aus dem Post- und Bahnbereich sollen bereits am Freitag nachmittag vorliegen, die ÖTV will ihre Zahlen am Samstag mitteilen. „Bist du bereit, zur Durchsetzung unserer berechtigten Forderungen in den Streik zu treten?“ lautet die Frage, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Auf den Stimmzetteln heißt es weiter, es gehe um mehr als um Lohnprozente: „Wir müssen uns der Wende in der Tarifpolitik widersetzen und Lohndiktate brechen.“ Ferner bekräftigen die Gewerkschaften ihre ursprüngliche Forderung nach 9,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt sowie 500 Mark mehr Urlaubsgeld. Die Arbeitgeber hatten zuletzt insgesamt 4,8 Prozent geboten. Der ÖTV-Landesbezirk Baden-Württemberg berichtete in Stuttgart von einem Urabstimmungsauftakt mit „lebhafter bis glänzender“ Beteiligung insbesondere in den Schichtbetrieben. Bis 7 Uhr hätten teilweise schon ganze Schichten, etwa bei der Müllabfuhr, abgestimmt. Eine Gewerkschaftssprecherin sagte in Stuttgart, das Engagement der Mitglieder lasse auf eine „sehr hohe Streikbereitschaft schließen“.

Als erster Ministerpräsident hat der hessische Regierungschef Hans Eichel ein verbessertes Angebot der Arbeitgeber in der Tarifauseinandersetzung des öffentlichen Dienstes verlangt. Am Dienstag sprach sich der SPD-Politiker dafür aus, dabei die unteren Besoldungsgruppen bevorzugt anzuheben. Zugleich müsse aber auch das Gesamtvolumen des Arbeitgeberangebots erhöht werden, wenn auf diese Weise ein „großer Streik“ vermieden werden könnte, der „uns alle im Ergebnis mehr als zwei oder drei Punkte hinter dem Komma“ kosten würde, betonte Eichel.

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