Millionen telefonisch abgeschwatzt

■ Aktienschwindel oder: Nur Geldsäcke dürfen dummer sein als das Gesetz erlaubt

Die Telefonverkäufer der Firma CCIC haben sich in den Jahren 1985-87 aus dem Telefonbuch Nummern herausgesucht, die Leute angerufen gefragt, ob die Gesprächspartner nicht ihr Geld über ihre „CCIC“ in Aktien anlegen wollten. Renditeerwartung 10-25 Prozent - ein Bombengeschäft! Die Anlage sollte hauptsächlich in Standard-Werten und in Papieren der „Helix“ passieren, einer Firma im fernen USA.

Ingo R., ausgebildeter Bäcker, Günter Johannes N., derzeit als Küchenhilfe beschäftigt, Volker B. und andere hatten wie andere Telefonverkauf-Firmen Erfolg: 159 betuchte Leute aus der Bremer Region haben in den Jahren damals zugeschlagen und Schecks über insgesamt 4.099.000 Mark an die „CCIC“- Adresse geschickt. In eine einschlägige Börsenzeitung geguckt, ob dort „Helix“-Werte geführt werden, hat offenbar keiner der Geldanleger, sie hätten auch vergeblich gesucht.

Gestern standen sie vor Gericht. Wie und wo das Geld abgelegt wurde, das konnte auch der „Generalbevollmächtigte der CCIC“, Herr N., nicht erklären, das habe er immer seinem Kollegen Herrn Korte anvertraut, der die Geschichte mit der CCIC eingefädelt hatte. Was das für eine Firma war, die CCIC, dafür habe er sich nie interessiert, erklärte der Generalbevollmächtigte N. dem staunenden Gericht. Der Herr Korte ist aber einmal im Jahre 1986 von einer Fahrt nach Frankfurt zur Bank mit nicht mehr zurückgekehrt und war dann irgendwie weg. Aber irgendwie lief das Geschäft ganz einfach weiter: „Solange wir telefoniert haben, kam Geld“, nur angelegt hatte er es dann nicht mehr.

Daß die Helix-Aktien nichts wert sind, habe er erst später vom Staatsanwalt erfahren, sagte der Generalbevollmächtigte.

Eine Firma aus dem nach der anderen aus der dubiosen Branche des Terminhandels marschiert seit einiger Zeit vor dem Bremer Landgericht auf. Die Angeklagten, die gestern das saßen, präsentierten sich mit ausgesprochen gutem Gewissen, sie hatten im Grunde von ihrem Geschäft keine Ahnung. Ingo R. etwa stieg in der CCIC zum Aufseher der angestellten Telefon-Verkäufer auf. Der Richter fragte ihn, ob er denn wisse, wovon die hohe Dividende abhängig sei, die den Anlegern am Telefon versprochen wurde. „Vom Umsatz“, meinte der. Wie in Klasse 3 Wirtschaftslehre bei der Prüfung fragte Richter Erwes nach, was außer der Dividende die Nachfrage nach den Papieren beeinflusse, da mußte Ingo R. passen: „Das weiß ich nicht“, gestand er. Die Kunden, die ihm 4 Millionen Mark anvertrauten, hatten ihn sowas schweres offenbar nie gefragt.

Auch der Generalbevollmächtigte N. gab an, noch 1986 vom Aktiengeschäft „überhaupt keine“ Ahnung gehabt zu haben. Vorher hatte er nur mit den Telefonverkäufern Warentermingeschäfte abgewickelt, aber in dieser Sache ermittelt die Staatsabwaltschaft in einem gesonderten Verfahren. Der dritte im Bunde, Volker B., schwieg vor Gericht. Aus der Untersuchungshaft kam er zum Gerichtstermin — er hat einschlägig im Gewerbe weitergemacht.

Nicht erscheinen in dem auf drei Monate angesetzten Verfahren muß Herr Korte, über den die 4 Millionen mutmaßlich abgeflossen sind: Der sonnt sich in Costa Rica oder Panama oder irgendwo, jedenfalls außerhalb der Reichweite des Bremer Gerichts. Nicht erscheinen müssen auch die 159 Geldanleger: das Gericht hat an ihrer Stelle den Kripo-Mann geladen, der ihre Aussagen aufgenommen hat, ihnen will das Gericht den peinlichen Auftritt ersparen. K.W.