: Talfahrt der russischen Wirtschaft
Moskau (dpa/vwd) — Die russische Volkswirtschaft erlebt auf dem Weg zum Markt in allen Bereichen weiter starke Einbrüche. Entsprechende Zahlen gab das staatliche Statistikamt gestern bekannt, wie die Nachrichtenagentur 'Itar-Tass‘ meldete. In der Übergangsphase müssen die russischen Bürger mit einer weiteren Verschlechterung ihrer sozialen Lage rechnen. Verschärft wird die Situation nach Regierungsangaben durch den akuten Mangel an Geldscheinen, da die russische Notenpresse den Bedarf nicht decken kann. Das Nationaleinkommen Rußlands ist im 1. Quartal 1992 im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum um 14 Prozent gefallen, die Industrieproduktion um 13 Prozent gesunken. Der Rückgang betrifft alle Branchen gleichermaßen. Eine Ursache für die schlechten Zahlen seien die Streiks von Januar bis März. Die Mitarbeiter von etwa 580 Betrieben in 35 Regionen des Landes seien zeitweise im Ausstand gewesen. Mehr als 260.000 Arbeitstage gingen verloren. Von Januar bis März nahm die Zahl der Arbeitslosen auf 118.000 zu, nach 70.000 Ende Dezember. Ein Drittel der russischen Bevölkerung, so die Statistiker weiter, müsse im Monat mit weniger als dem gesetzlichen Mindesteinkommen von 900 Rubel (zum Kommerzkurs etwa 900 Mark, zum freien Kurs knapp 15 Mark) auskommen. Den Angaben zufolge beträgt das Durchschnittseinkommen pro Haushalt gut 1.200 Rubel. Zum Vergleich: eine Tankfüllung für ein Auto kostet gegenwärtig rund 240 Rubel. Die Versorgungskrise dürfte wegen der Ertragseinbrüche in der Landwirtschaft anhalten. Die Statistiker gaben an, daß im 1. Quartal 1992 rund 503.000 Tonnen Fleisch und 1,58 Millionen Tonnen Milch weniger produziert wurden.
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