Gnadenlos gestrig

■ „Gunther und drüber“, So., 20.15 Uhr, ZDF

Man soll ja nicht immer gleich lachen, wenn's um öffentlich- rechtliche Fernsehunterhaltung geht. Eine ganze Nation zum Lächeln zu animieren, gehört zum härtesten Brot der Sendeanstalten. Da machen sich viele Menschen hinter den Kulissen ernsthafte Gedanken, denen man mit gebührendem Respekt begegnen sollte. Aber was die Mainzer Unterhaltungsprofis dem sächsischen Sangesbruder Gunther Emmerlich da an innovativem Show- Konzept auf den Leib geschneidert hatten, war so gnadenlos gestrig, daß einem Was bin ich? als telegene Begegnung der dritten Art erscheinen mußte.

Allein wenn man sich vorstellt, wieviel kreative Köpfe nächtelang um den originellen Titel der Show gerungen haben, mochte einen ja schon die nackte Barmherzigkeit anspringen. Gegebenenfalls hätte das Ganze wohl auch Kurt und schmerzlos oder Heiner bis wolkig heißen können, und vermutlich wäre dem Mainzelmännchen-Braintrust auch zu Anselm noch was eingefallen. Mit dem umwerfenden Eröffnungs-Kalauer „Geld wird ohnehin abgeschafft; ich kenn' schon Leute, die haben keins mehr“, gab Emmerlich das Niveau vor, auf dem dann ein abgestandenes Witzchen ans andere gereiht wurde. Da durfte Diether Krebs als „Martin“ — mit zehnjähriger Verspätung— eine neue Doof-Müsli-Persiflage für die Hitparade empfehlen, heute-Sprecher Elmar Bartel zum Beweise seines Humors ein paar Plastiktiere aus der Tasche kramen und eine (zugegeben: respektable) Gesangseinlage geben. Zwischendurch konnten Könige des unfreiwilligen Humors wie Waigel und Möllemann ein Schmankerl loswerden, Weichspül-Barde Reinhard Mey Promo für seine neue Tour machen und Emmerlich himself selbstlos für den Denkmalschutz werben. Daß das Prominentenspiel mit Pit Weyrich („Zuschauer fragen eine Star, was sie schon immer von ihm wissen wollten“: „Schlafen Sie nackt?“) mit Abstand der dämlichste Vorwand war, der je zur Einblendung eines Spendenkontos im deutschen Fernsehen ersonnen wurde, tat da schon gar nichts mehr zur Sache. Doch als könne diese einfallslos hausbackene Tristesse (Witz-Lied-Witz) der gebeutelten Nation geradewegs zum Lebenselixier gereichen, strahlte „Uns Gunther“ so unmotiviert ins Weite, als habe ihm der Osterhase in diesem Jahr besonders dicke Eier ins Nest gelegt.

Aber bei soviel Wehklagen sollen der gezielt gesamtdeutschen Frohnatur doch zumindest zwei Dinge zugute gehalten werden. Die müden Kalauer hatte er sich von einem Humor-Profi namens Fred König ghostwriten lassen, und — das eindeutig Beste an diesem Abend — nach einer Stunde war alles vorbei. Reinhard Lüke