Das Streikkarussell dreht sich weiter

■ Auch gestern ruhte auf den beiden Flughäfen Tegel, Tempelhof und bei der BVG die Arbeit/ Chaos auf den Straßen im Ost- und Westteil der Stadt/ In der Leipziger Straße ging den ganzen Tag nichts mehr

Berlin. Der Streik im öffentlichen Dienst wurde gestern im Westteil der Stadt erneut ausgeweitet: Wie schon am Montag ruhte auf den beiden Flughäfen Tegel und Tempelhof und bei der BVG die Arbeit vollständig, teilweise wurden die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) und die Post bestreikt. Neben den Kindertagesstätten in den Bezirken Kreuzberg, Steglitz und Wedding legten gestern auch die ErzieherInnen in Tiergarten, Spandau und Neukölln die Arbeit nieder. Auch Beschäftigte der Gasag schlossen sich dem Streik an. Die Gasversorgung von Haushalten solle davon unberührt bleiben, versicherte die ÖTV.

In Ost-Berlin kam es gestern nicht zu erneuten Solidaritätsstreiks, dort herrschte nur das übliche Chaos im Straßenverkehr. So brauchten Autofahrer etwa für die acht Kilometer lange Strecke von Marzahn nach Mitte gute zwei Stunden. Als besonderes Nadelöhr erwies sich wieder die Leipziger Straße im Bezirk Mitte, in der den ganzen Tag über der Verkehr stillstand.

Im Westteil der Stadt ging ebenfalls alles nur im Stop-and-Go-Verfahren, ein Polizeisprecher bezeichnete die Lage jedoch als »völlig normal«. Auch die Unfallrate sei nicht angestiegen. Zum Teil fungierten gestern Taxis als Notbuslinien: Mit einer handgeschriebenen Busliniennummer an der Windschutzscheibe beförderten sie Passagiere für ein Entgelt von vier Mark, die Aktion war von der Verkehrsverwaltung genehmigt worden.

Der Flugbetrieb in Tegel und Tempelhof lag gestern wegen des Streiks der Flughafenfeuerwehren erneut völlig lahm. Passagiere wurden in Tegel abgefertigt und dann nach Schönefeld gebracht, wo etwa die Hälfte der gestrichenen Flüge aufgefangen wurde. Allein in Tegel landen und starten normalerweise pro Tag etwa 330 Maschinen, nach Angaben der Flughafengesellschaft verursacht der Streik täglich einen Verlust in Höhe von einer halben Million Mark. Der Flughafen Schönefeld sei am Rande seiner Kapazität angelangt, hieß es weiter.

Bei der Post streikten gestern etwa 4.000 Beschäftigte im zentralen Briefverteileramt und Paketamt, in verschiedenen Zustell- und Fernmeldämtern sowie im Postgiroamt. Nach Angaben eines Sprechers der Postgewerkschaft liegen allein im Postamt 11 in Schöneberg mittlerweile fast drei Millionen Briefe. »Damit müssen die Bürger eben zurechtkommen«, so der örtliche Arbeitskampfleiter Friedrich Kaiser. kd

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