Aus für den Polenmarkt?

■ Polizei will Markt auf der Bürgerweide verhindern / Betroffene Polen entsetzt

Die Zukunft des Bremer Polenmarktes auf der Bürgerweide ist düster. Der Innensenator, die Polizei und der Zoll wollen sich in der kommenden Woche in einer Konferenz mit den Wochenendgeschäften polnischer Touristen befassen. Aufgeschreckt durch die wöchentlichen Berichte über die Sicherstellung von geschmuggelten Zigaretten, Schnapsflaschen und Kaviardosen gehen die Überlegungen bis zu einem zeitweiligen Verbot des Findorfer Sonntagsflohmarktes, von dem allerdings der Polenmarkt deutlich getrennt ist.

Bei den betroffenen PolInnen, von denen nur wenige deutsch verstehen, sind die Gerüchte angekommen. „Ist das wirklich wahr, daß das hier verboten werden soll? Das ist ja schrecklich“, sagt Mira G. Jeden Freitag fährt die junge Frau über 600 Kilometer im Bus von Kolobrzeg an der Ostseeküste nach Bremen. Die Arbeitslosen-Stütze von rd. 200 Mark reiche vorne und hinten nicht, sagt sie. „Was soll ich denn machen? Ich muß irgendwie Geld verdienen. Da fahr ich eben nach Deutschland.“

Gestern war wieder reges Treiben auf der Bürgerweide. Ein Stück abseits des regulären Flohmarktes standen 14 polnische Reisebusse und eine ganze Reihe PKWs. Die Leute, die mit ihr zusammen gekommen sind, verkaufen alles mögliche, erzählt Mira G.. Kristallvasen, Kleidung, Werkzeug — und auf Nachfrage gibt sie zu: „Na ja, Zigaretten auch. Aber nur wenig, ganz wenig. Höchstens eine Stange.“

Die Beschlagnahmungen von diesem Wochenende scheinen dafür zu sprechen, daß die Zeiten der großen Schmuggelgeschäfte vorbei sind. Dieter Ansorge, Sprecher des Zolls, teilte gestern mit, daß in der Nacht zum Sonntag auf der Bürgerweide neun polnische Reisebusse kontrolliert worden seien. Dabei seien lediglich 30.000 unverzollte Zigaretten und zehn Liter Schnaps beschlagnahmt worden. „Das ist ein deutlicher Rückgang“, sagte Ansorge. „Ich habe den Eindruck, daß das zurückgeht und der Rückgang ist mit Sicherheit auf die starken Kontrollen zurückzuführen.“ Dazu käme, daß jetzt verstärkt Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei eingeleitet würden. Diese träfen neben den Händlern auch die Kunden. „Wer wissentlich unverzollte Ware kauft, macht sich strafbar“, so Dieter Ansorge. In welche Richtung die Diskussion um die Märkte auf der Bürgerweide gehen könnte, dazu möchte Ansorge keine Prognose abgeben. Der Zoll habe nur das Interesse, daß keine unverzollten Waren verkauft werden. Mit dem Markt hätten primär die anderen Behörden, wie Gewerbeaufsicht und Polizei zu tun. „Ich will die Diskussion erstmal auf mich zukommen lassen.“

Mira G. versteht die deutsche Aufgeregtheit nicht: „Sie sollten mal nach Polen kommen und sich dort die Russenmärkte angucken. Bei uns gibts da keine Probleme“. An der Grenze habe sie sechs Stunden gewartet, immerzu würden polnische Busse und PKW kontrolliert, „und jetzt will man uns hier ganz weghaben. Ich möchte mal die Deutschen sehen, wenn die so arm wären wie wir es jetzt sind.“ J.G.