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Rocky Picnic

■ »Picnic at Hanging Rock« wieder in den Kinos

Ein makellos weißgefiederter Schwan auf einem reizend angelegten Teich im Englischen Garten. Ein Traum vom weit entfernten Europa, ausgesetzt im australischen Busch. Ein Anachronismus. Nach einer Weile zieht der Schwan fort, und statt dessen gähnt auf der ganz von Grün überwucherten Wasseroberfläche ein schwarzes Loch — fast ein Abgrund.

Zwei junge Männer beobachten die Szene. Albert, dem Stallknecht und Australier, fällt dabei bloß das gekühlte Bier am Grunde des Teiches ein. Michael indes, Sproß englischer Aristokraten, kommt die engelschöne Miranda in den Sinn, die mit zwei weiteren Internatsschülerinnen seit einem Ausflug zum Hanging Rock vermißt wird. Eine von ihnen, Irma, wird später ohne Erinnerung aufgefunden werden. Die beiden anderen dagegen, Miranda und Marion, bleiben ebenso wie die Erzieherin Miss McCraw seit jenem verhängnisvollen 14. Februar des Jahres 1900 auf immer wie vom Erdboden verschwunden.

Eine ominöse Notiz, die Peter Weir seinem frühen Meisterwerk Picnic At Hanging Rock (deutscher Verleihtitel: Picknick am Valentinstag) von 1975 voranstellt. Fakt oder Fiktion? Was tatsächlich an jenem »Tage der Liebenden« geschah, ist und bleibt Geheimnis. Ein Geheimnis freilich, das so offen daliegt wie das steil in den azurblauen Himmel aufragende Bergmassiv des Hanging Rock. Gleich die erste Einstellung zeigt es: ein Bild latenter Bedrohung (vergleichbar den mysteriösen Felsformationen in Filmen John Fords), das die folgenden Szenen im Internat überlagert und überschattet. Auf der obersten Stufe der Freitreppe stehend, entläßt Mrs. Appleyard die Mädchen aus ihrer Obhut zu einer Exkursion in die freie Natur. Angesichts brütender Hitze ist es ausnahmsweise statthaft, sich der Handschuhe zu entledigen. Vor allerlei giftigem Getier jedoch solle man auf der Hut bleiben. Aufgeregtheit und Schauder versetzen die Ankömmlinge am Hanging Rock in einen Taumel. Gespenstisch schwillt die Geräuschkulisse an, schrecken Vögel kreischend empor, scheuen Pferde — und die Zeit steht rätselhafterweise still. Der bukolische Ort macht den Ausflüglern bange. Allein Miranda, Marion und Irma verführt die Ungewißheit zu einer abenteuerlichen Kletterpartie. Sie lösen sich von der Gruppe, um in jungfräulich-weißen Kleidern schwanengleich bergan zu schweben. Gerade so, als wollten sie einem imaginären Liebhaber in die Arme fliegen.

Hanging Rock und Appleyard College prallen wie zwei Monolithen unvereinbarer Welten aufeinander. Am Ende ist blanker Rationalismus einer tiefer verwurzelten Wahrheit nicht gewachsen. Das Internat zerfällt zusehends. Einzig der Fels steht unverrückbar fest. Raffiniert stellt die Kamera — der eigentliche Erzähler — der sonnendurchfluteten Landschaft die düster getäfelten Interieurs des spätviktorianischen Pensionats entgegen. Eine Brutstätte unterdrückter Wünsche und unerfüllter Sehnsüchte: »Denn ein Traum ist alles Sein — und die Träume selbst sind nichts als ein Traum...«

Der damals gerade 30jährige Aussie Peter Weir läßt der Imagination freien Lauf und umhüllt das irritierende Geschehen mit einer visuellen Grazie, an die seine späteren, in Amerika entstandenen Arbeiten (zuletzt Green Card) kaum mehr heranreichen. Roland Rust

Bis 20 Mai in der Filmbühne am Steinplatz. Außerdem als OmU bis 13.5. im FSK, Wiener Straße.

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