piwik no script img

„Reine Nervensache“

■ Niemals war die Bundesliga spannender/Vor dem letzten Spieltag sind drei Mannschaften punktgleich

Berlin (taz/dpa) — In 28 Jahren Bundesliga sind zum ersten Mal drei Mannschaften vor dem letzten Spieltag punktgleich und können noch deutscher Meister werden. Dortmund gewann mit 3:1 gegen Leverkusen und zog dadurch nach Punkten mit den jeweils nur unentschieden spielenden Frankfurtern und Stuttgartern gleich. Allein das Torverhältnis trennt die drei Mannschaften und sichert Frankfurt die Tabellenführung.

Genauso wie die Frankfurter Eintracht offenbarte der VfB Stuttgart Nerven im Meisterschaftsfinale. Über die gesamte Spielzeit agierten die Schwaben überaus hausbacken und bieder, kamen aber trotzdem durch den Demnächst-Mailänder Matthias Sammer zur Führung. Das Tor in der 36.Minute hatte Maurizio Gaudino per Hackentrick eingeleitet. Nur drei Minuten später erzielte der im VfB-Strafraum völlig alleingelassene Jörg Bach den Ausgleich mit einem Kopfball. In der zweiten Halbzeit hatten die Stuttgarter zwar noch reichlich Chancen, scheiterten aber entweder an Latte oder Pfosten oder am eigenen Unvermögen. In der letzten Minute hätten die Wattenscheider sogar noch gewinnen können, wenn Winkler alleinstehend vor Immel die richtige Seite des Pfostens anvisiert hätte.

Auch die Dortmunder hatten Glück. Bereits nach 28 Sekunden tauchte Leverkusens Sachse Ulf Kirsten allein vor dem Tor des BVB auf. Torhüter Klos stürzte kompromißlos wie anno dunnemals Toni Schumacher heraus und nietete Kirsten um. Der Ball strich haarscharf am Tor vorbei, Kirsten blieb liegen und mußte anschließend vom Platz getragen werden. Bei Kirsten besteht Verdacht auf Kreuzbandriß, Klos erhielt nicht mal eine gelbe Karte. Danach offenbarten die Dortmunder Unsicherheiten in der Abwehr. Vor allem Nationalspieler und Möchtegernitaliener Thomas Helmer verstolperte sich einige Male gar kläglich. So schlecht wie die Abwehr, so gut spielte der Sturm. Aber statt eines 3:3 stand es zur Halbzeit nur 1:0, weil Stephane Chapuisat den hochgelobten National-Debütanten Wörns einfach stehen ließ und trocken einschoß. Nach der Pause wurde das Spiel immer offener, aber wieder trafen nur die Dortmunder. Knut Reinhardt (63.) und Fleming Povlsen (86.) jeweils per Kopf, und Jorginho (ebenfalls mit dem edelsten Körperteil) sein in den letzten Wochen obligatorisches Frusttor in der 88.Minute. Vor wenigen Wochen waren die Chemie-Kicker noch Meisterschaftsanwärter, jetzt stehen sie nicht einmal mehr auf einem UEFA-Cup-Platz.

Äußerst spannend dürfte der letzte Spieltag nächste Woche werden. Aus eigener Kraft schaffen kann es nur Frankfurt. Wenn die Eintracht gegen die Rostocker gewinnt, die selbst unbedingt einen Sieg brauchen, um vielleicht doch nicht abzusteigen, müßte der VfB schon mit neun Toren Unterschied gegen Bayer gewinnen, die sich das aber auf keinen Fall leisten können, wenn sie dem 1.FC Köln noch den UEFA-Cup streitig machen wollen. Dortmund müßte gar 19 Tore schießen gegen Duisburg, das allerwenigstens ein Unentschieden gegen den Abstieg benötigt, aber sieht sich in der günstigen Verfolgerrolle und hofft auf Ausrutscher der besser Plazierten. Ein heißer Tanz und eben „reine Nervensache“ (Manfred Binz). to

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen