UNTERM STRICH

Die für den 29. April geplante Premiere des Mülheimer Theaters an der Ruhr kann auch nach Beendigung des Streiks nicht stattfinden. Das Doppelprojekt mit Gorkis Nachtasyl und Brechts Die Ausnahme und die Regel kann erst im Herbst gezeigt werden, weil sich in der Mülheimer Stadthalle keine freien Termine für Wiederaufnahmeproben finden lassen. Dem Mülheimer Kulturamt war die Schüleraufführung einer Ballettschule wichtiger als die bereits für Gastspiele verbuchte Inszenierung des Theaters an der Ruhr. Ciulli, der Rebell gegen die Zwänge des deutschen Stadttheatersystems, bekommt die Macht des Apparats zu spüren. Vielleicht muß das Theater bald seinen Namen oder die Adresse ändern. Was klänge besser: Theater am Rhein, an der Alster oder gar an der Spree?

Im Bücherkauf sind die Deutschen mittlerweile weltweit führend, wie ein Londoner Marktforschungsunternehmen in einer Untersuchung über den Weltbüchermarkt herausgefunden haben will. Danach wurden in Deutschland im vergangenen Jahr 11,5 Milliarden Mark für Gedrucktes ausgegeben, 550 Millionen Bücher gingen über den Ladentisch. Zwölf Prozent mehr als vier Jahre zuvor. Der Nachholbedarf der hinzugekommenen ostdeutschen Leser wirkt sich diesbezüglich schönfärberisch auf die Statistik aus. Ob die Bücher auch alle gelesen werden oder ob der Sinn für Repräsentatives im Bücherschrank die bibliophilen Anwandlungen stärkt, bleibt in diesem Sinne dahingestellt.

Beim zweiten Schweriner Filmfest hat der Hamburger Dokumentarfilmer Rolf Schübel mit Das Heimweh des Walerjan Wrobel den ersten Preis gemacht. Der Film über einen Ostarbeiter hat bereits den Bundesfilmpreis erhalten. Den zweiten Preis erhielt der Ostberliner Ulrich Weiß für seine Komödie Miraculi über das Ende der DDR.

Zweimal Leipzig:

Der Regisseur Horst Ruprecht wird neuer Schauspieldirektor des Leipziger Theaters. Er wird im August sein Amt und die Nachfolge von Wolfgang Hauswald antreten. Ruprecht war künstlerischer Leiter mehrerer DDR-Bühnen, so in Halle und Magdeburg, und bekam dank seiner Bemühungen, junge kritische Autoren aufzuführen, Schwierigkeiten mit der Kulturobrigkeit. Ab 1988 durfte er dann auch in der Bundesrepublik arbeiten.

Faktisches und Nebensächliches zur Buchmesse, die am Sonntag zu Ende ging (alles andere auf nebenstehender Seite):

Es kamen wesentlich mehr Besucher als im Vorjahr, insgesamt 34.000. Letztes Jahr wurden nur 31 000 Interessenten gezählt. Auch das Begleitprogramm mit Lesungen und Podiumsdiskussionen fand bei 50 000 Teilnehmern ein großes Echo. Als geradezu „sensationell“ gut besucht galten die Lesungen mit Monika Maron, Jens Reich und Lew Kopelew. Auch Günter Grass wollte mit seiner Buchpräsentation ein Zeichen für den Messestandort Leipzig setzen. Die kleinen neuen Verlage sind besonders zufrieden mit der Messe. Die Großen hätten sich mehr Fachbesucher gewünscht . Die Messe sei eben zu spät, das Frühjahrsgeschäft gelaufen.