Lieber mit Erdnußflips fernsehen

■ „Fäuste“ von Rowdy Herrington bemüht sich um Differenzierung beim Schwarzweißmalen

Zwei Schritte vor, tänzeln, halbnah der ausholende Arm. Roter Boxhandschuh touchiert Gesicht. Die Kamera lauert am Boden, bevor massige Körper mit Effekt und in Zeitlupe aufklatschen. Gelegentlich klebt Blutfarbenes am Objektiv. Schließlich ist Fäuste (Regie: Rowdy Herrington) ein Film über jugendliche Boxer. Wenn Männer kämpfen, Mann gegen Mann, Faust gegen Faust — ganz archaisch sozusagen.

Männer, die in den Ring steigen, um sich Köpfe einzuschlagen, brauchen in Spielfilmen eine Geschichte. Sie boxen schießlich nicht für Geld und Ruhm, sondern für die gute Sache. Denn eigentlich sind sie im tiefsten Herzen friedfertig und würden lieber mit Erdnußflips fernsehen. Gäbe es nicht den Bösen und das Böse als ständige Herausforderung. Der Untertitel von Fäuste bringt es auf den Punkt — Du mußt um dein Recht kämpfen.

Recht und Unrecht, Gut und Böse lassen sich am besten personifiziert bebildern. Fäuste spielt in einem heruntergekommenen Viertel in Chicago. Protagonist Tommy Riley (James Marshall) ist siebzehn und Boxtalent. Eigentlich will er gar nicht boxen, sondern Schulbücher lesen. Aber die bösen schwarzen Jungs mit den Lederjacken versuchen den weißen blonden Helden in der Gosse zu halten. Als sich der mit der Faust wehrt, wird der Boxpromoter Horn (Brian Dennehy, der den weißen Bösen mephistophelisch im schwarzen Rolli mimt) auf ihn aufmerksam. Und da Tommys Vater Spielschulden hat, kann der Junge zu illegalen Boxwettkämpfen in hadesartigen Gewölben gezwungen werden. Also kämpft Tommy, „the great white hope“, ausgerechnet gegen einen massigen Farbigen, der auch noch „Black Death“ heißt.

Fäuste inszeniert jedoch nicht etwa Weiß gegen Schwarz — zwischen den Seilen. Tommy freundet sich alsbald mit dem farbigen Boxerkollegen Lincoln (Cuba Gooding, jr.) an, den der Firm sorgsam als netten Menschen und Familienvater ausweist. Problematisch wird es erst, als Tommy gegen seinen angeschlagenen Freund boxen muß. Kurz vor Niederschlag, mitten im Ring schütteln Freunde sich die Hände — United Colours aus heiterem Himmel und schlichte Erkenntnis: Den Boxpromoter gilt es zu bekämpfen. Am Ende werden der Gute und das Gute siegen. Im Faustkampf hat der Stärkere sein Recht erkämpft — ganz archaisch, Mann gegen Mann.

Vielleicht will Fäuste nicht mehr sein als eine Teenager-Geschichte im Boxermilieu. Und doch ist der Film ein merkwürdiges Amalgam aus (durchaus realistischen) Versatzstücken, die den Status quo der amerikanischen Gesellschaft beleuchten: soziale Probleme, Ghettoisierung, Rassismus, Gewalt. Oberflächlich betrachtet bemüht Fäuste sich beim Schwarzweißmalen um Differenzierungen. Es gibt gute und böse Weiße, und es gibt gute und böse Schwarze. Außerdem ist Gewalt nicht immer gleich Gewalt. Straßenkämpfe mit Schnappmessern und Baseballschlägern sind schlecht, genau wie Boxkämpfe, bei denen es nur ums Geld geht.

Worüber auf der Handlungsebene vordergründig Einigkeit verbreitet wird, verkehrt die musikalische Daueruntermalung des wortkargen Films. Allerorten sprechen hämmernde Hits für sich und eine andere Sprache: We will rock you, Gladiator, Killer, The Power, Hold on Tight, I will survive. Rhythmisch geschnittene Boxaufnahmen, sorgfältig choreographiert, zu rhythmischen Klängen erregen beim Betrachten Faszination. Für das, was trotz Gehirnschäden zwischen den Seilen stattfindet. Schlußendlich sind es die Bösen, die zu Boden gehen. Daß die gute Sache immer auch eine Frage des Standpunkts ist, darüber schweigt der Film. Michaela Lechner.

Fäuste — Du mußt um dein Recht kämpfen. Regie: Rowdy Herrington, mit James Marshall, Brian Dennehy, Cuba Gooding, jr., USA 1992, 98Min., Farbe.