Elisabeth, Europäerin

■ Das republikanische Frankreich feiert die britische Königin/ Erster Auftritt vor dem Europaparlament

Straßburg (taz) — Elisabeth, die Europäerin“ titelte gestern die Straßburger Lokalzeitung 'L'Alsace‘, und das Konkurrenzblatt 'Dernieres Nouvelles de l'Alsace‘ meldete euphorisch, das Vereinigte Königreich trage nunmehr die „Farben Europas“. Am Tag nach ihrem ersten Auftritt vor dem Europaparlament sang das republikanische Frankreich gestern ein Loblied auf die britische Monarchin.

Jahrelang hatten die 518 ParlamentarierInnen die Königin vergebens nach Straßburg gebeten. Vor allem Ex-Regierungschefin Margaret Thatcher soll Ihre Majestät von der Reise abgehalten haben. Jetzt, da die schärfsten britischen EG-KritikerInnen auf die Hinterbänke verdammt wurden und John Major bei den Unterhauswahlen einen satten Wahlsieg davontrug, haben sich die Koordinaten in London verändert. Wenige Wochen vor der beginnenden britischen EG-Ratspräsidentschaft war die Zeit reif für den königlichen Auftritt.

Der Bahnhof, den Elisabeth II. am Dienstag bekam, konnte sich sehen lassen. Beinahe vollzählig waren die ParlamentarierInnen versammelt, als die Königin den Plenarsaal betrat. Sie begrüßten die Königin stehend und mit langanhaltendem Beifall. Lediglich ein deutscher Sozialdemokrat blieb trotzig sitzen. Hans Peters sagte später: „Ich tue, was ich will.“

Die Rednerin schmeichelte den von öffentlicher Anerkennung nicht gerade verwöhnten ZuhörerInnen mit Lob für deren Arbeit. Das Parlament habe „immer mehr Bedeutung“ und leiste einen „Beitrag zur europäischen Demokratie“, sagte sie. Anschließend würdigte sie die Maastrichter Verträge, sprach sich für eine Ausweitung der EG aus und warnte davor, die neuen Demokratien in Mittel- und Osteuropa alleinzulassen.

Kaum war die knapp 13minütige Rede zu Ende, wurde sie auch schon auf beiden Seiten des Kanals als „großer Erfolg“ verbucht. Die britische Regierung atmete auf, weil die Königin nicht, wie zuvor in London gerüchteweise verbreitet worden war, für eine Abwertung der nationalen Parlamente plädiert, sondern sich an den im Außenministerium vorbereiteten Redetext gehalten hatte. Die FranzösInnen hingegen jublilierten, weil sich „Elisabeth, die Europäerin“ als die jahrelang ersehnte Ansprechpartnerin auf der britischen Insel entpuppt hatte — voller Euphorie für Europa, voller Lob auf die parlamentarische Demokratie und dazu noch eine Königin. Dorothea Hahn