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STANDBILDÄtsch, das haste nun davon!

■ Kabelfernsehen: "Mutter und Söhne", Mi., ARD, 21 Uhr

Das wäre wirklich schön: mit siebzig noch so rüstig zu sein, um als Chefin einer florierenden Hamburger Textilfirma vorzustehen und daheim in der wohleingerichteten Villa eine gute Seele zu wissen , die eher Lebensberaterin als Haushälterin ist. Ja, das Haus ist so groß, daß zum siebzigsten Geburtstag alle drei Söhne samt Frauen und Kindern von ihren Posten in den Außenfilialen der Firma auf den Familiensitz eingeladen werden können. Und an den verstorbenen Gatten gibt es nur gute Erinnerungen und somit, zumindest in dieser Generation, auch keine Probleme mit Männern mehr. Was für ein Leben!

Heidi Kabel, die feine alte Dame vom Ohnesorg-Theater, die das Es-Te so exakt zerteilt, als ob sie Konfekt knacken würde, war maßgeschneidert für die Rolle der munteren Unternehmerin Christine Krüger. Anderthalb Stunden lang ertrug sie mit heiterer Miene drei Söhne, die, obwohl längst im Alter der Midlife- Krisen, sich noch immer recht kindisch gebärdeten.

Nachdem die Vorlage von Toni van de Kerk und Gertrud Pröhl die Sprößlinge wie in einem Logical eingeführt hatte — Hans-Dieter wohnt in Krefeld, seine Frau Monika ist blond und dumm, Hans-Christian plagen in Nürnberg zwei pubertierende Töchter, Hans-Peter spielt Golf in Baden-Baden und ist ledig —, entspann sich um die Nachfolge auf dem Firmenchefsessel ein gnadenloser Kampf.

Nichts ließ das Buch aus, was nicht zu erwarten gewesen wäre. Und eben drum, weil alles lief wie geahnt, war das Filmchen recht ergötzlich. Die DarstellerInnen füllten ihre Klischees aus, ohne zu brillieren, und niemand kann in Fernsehproduktionen so perfekt die Nerven morden wie brave Kinder, die freche Worte in den Mund nehmen sollen. Mittendrin bewahrte Frau Kabel als Frau Krüger stets Contenance und Herzensbildung. Selbst angesichts des außerehelichen Fehltritts ihres einen Sohnes entfuhr ihr nur der Tadel: „Wenn man schon eine Affäre hat, dann gibt man doch keine Beweise aus der Hand!“ Folglich lenkte nichts ab von der Vorfreude auf den großen Eklat.

Als die dumme Blonde, die zuvor Hans-Christians Gattin genüßlich dessen vermeintliches Verhältnis mit Susanne unter die Nase gerieben hatte, erfahren mußte, daß in Wirklichkeit ihr Hans-Dieter mit Susanne im Bett gelegen hatte, da war es mit jeder weiblichen Solidarität zwischen Zuschauerin und Antiheldinnen vorbei. Ätsch, das haste nun davon.

Leider wohnt dem heiteren Familiendrama genrebedingt ein Happy- End inne (sonst wäre es ja nicht heiter). Wenn Heidi Kabel also auch im nächsten Jahr weder Rheumadecke noch Lebertran am Geburtstag nötig hat, könnte eine zweite Folge von Mutter und Söhne durchaus denkbar sein. Claudia Wahjudi

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