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Die Hölle kann eine Stadt sein

■ Die Sängerin Kate Westbrook in der Schauburg: Good-bye, Peter Lorre!

Brecht und Lorre: Die Freundschaft zwischen dem Dichter und dem Schauspieler, der seinerzeit wie kein Zweiter auf die Rolle des pathologischen Verbrechers abonniert war, inspirierten die britische Sängerin Kate Westbrook zu einem Liederzyklus. „Good-bye, Peter Lorre“ nennt sie ihr Programm. Es ist eine der vielen schwermütigen Abrechnungen mit Hollywood, zu denen, das ist klar, die tragische Figur gehört. Das Leben Lorres - Erfolg, Drogen, Abstieg — ermöglicht Kate Westbrook darüberhinaus einen weiten musikalischen Bogen: Von Brecht, Weill und Eisler über Cole Porter bis zur Schnulze „As time goes by“ aus Casablanca, denn auch dort begegnet uns ja Peter Lorres gehetzter Blick.

Mittelpunkt des Abends waren folgerichtig Brechts und Eislers „Hollywood-Elegien“, in denen Brecht seinen Abscheu vor Tinseltown auf den Punkt bringt („Diese Stadt hat mich belehrt: Paradies und Hölle können eine Stadt sein“) und den Verlust seines Freundes Lorre an den „Sumpf“ beklagt. Peter Lorres fiktive Antwort kleidet Kate Westbrook in einen eigenen Songtext: „I know he'd be mad again, if he could see me now.“

Eine recht konstruierte Dramaturgie also, die die renommierte Brecht-Interpretin dem spärlichen Schauburg-Publikum bot — und nicht immer leicht nachzuvollziehen. Daß sich schließlich doch noch Spannung aufbaute, lag an der herausragenden Interpretation: Kate Westbrook beherrscht das Metier Chanson/Musical bis zum feinsten Schillern.

Ebenfalls zauberhaft: die Begleitung ihrer beiden Pianisten Mike Westbrook und John Alley. Jazzbetont der eine, mehr von der Klassik inspiriert der andere, un

hierhin bitte

die Sängerin

terlegten sie die Lieder mit komplexen, phantasievollen Arrangements, mal zurückhaltend, meist aber kraftvoll die klangfüllenden Möglichkeiten vierhändigen Spiels nutzend.

Selbst die abgenudelte Melodie aus Rick's Cafe mutierte so zu einem Beispiel zeitgenössischer Liedkunst, und selbst die italienische Zugabe (Ciao, ciao, bambino) mochte man den dreien nachsehen. Rainer Köster

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