Zank um Paul Klees »Sumpflegende«

■ In letzter Instanz entschied das Kammergericht, daß das in der Ausstellung »Entartete Kunst« gezeigte Ölgemälde nach Ende der Ausstellung zurück nach München darf/ Ungeklärter Besitz

Mitte. Das Kammergericht fällte gestern eine Entscheidung, die das Historische Museum aufatmen läßt. Das Ölgemälde Sumpflegende von Paul Klee wird nach der Beendigung der Ausstellung »Entartete Kunst« nicht dem Gericht zur Verwahrung übergeben, sondern dem Leihgeber, der Städtischen Galerie im Münchner Lenbachhaus, zurückgeschickt. In einer Hauptverhandlung muß dann ein Münchner Gericht entscheiden: Bekommt der Erbe des ehemaligen Besitzers, der Sohn des russischen Malers El Lissitzky, das Bild zugesprochen? Oder bleibt das Kunstwerk, das die Nazis erst beschlagnahmten, dann ins Ausland verkauften, wo es mehrfach den Besitzer wechselte und schließlich 1982 vom Lenbachhaus ersteigert wurde, rechtmäßig dessen Besitz? Der Streit wird exemplarisch sein, denn noch hat sich kein deutsches Gericht je mit der Frage beschäftigt, wem heute die etwa 5.000 Bilder gehören, die die Nazis 1938 als »entartet« diffamierten und »einzogen«.

Die Auseinandersetzung zwischem dem Historischen Museum und dem 1989 in die Bundesrepublik emigrierten russischen Kameramann Jan Lissitzky war insofern nur ein Vorspiel um den endgültigen Besitzanspruch. Denn zwei Tage nach Ausstellungseröffnung, am 5. März, erschien der Anwalt von Lissitzky und verlangte in äußerst rüdem Ton die sofortige Herausgabe des Gemäldes. Der Lastwagen der Kunstexpedition Hasenkamp stand schon vor der Tür. Basis seines Begehrens war eine einstweilige Verfügung des Landgerichts, die ohne Anhörung des Museumsdirektors Stölzl von zwei unbedarften Richtern erlassen worden war. Stölzl verweigerte sich vehement der Herausgabe und erhielt nach einer lautstarken Schreierei von der Gegenpartei die Zusage, daß das Bild bis zum Ende der Ausstellung am 31. Mai hängen bleiben darf. Anschließend könnte es, wenn die Verfügung aufrechterhalten wird, dem Gericht zur Verwahrung übergeben werden. Gleichzeitig legte der Direktor aber Widerspruch beim Landgericht ein. Denn kein Museum der Welt würde für eine Ausstellung Bilder ausleihen, so argumentierte er, wenn die Gefahr bestünde, daß Leihgaben durch vorläufige Gerichtsentscheidungen in der Versenkung verschwinden. Ende März entschied das Landgericht erneut. Die einstweilige Verfügung sei aufzuheben, das Bild müsse nach der Ausstellung zurück nach München.

Gegen diesen Spruch legte Jan Lissitzky Berufung beim Kammergericht ein. Es wäre nicht sichergestellt, argumentierte sein Anwalt, daß der Erbe in München Zugriff auf das Gemälde habe. Eine Sorge, die das Gericht in seiner jetzigen Entscheidung nicht teilte. Den Zankapfel, Klees Sumpflegende, haben in der Berliner Ausstellung bisher 250.000 Menschen gesehen. Verlängert wird sie nicht. aku