: Wirtschaftssanktionen gegen Serbien?
■ Der EG-Ministerrat berät über ein Boykottliste der Kommission/ Bosnien in die UNO/ Die KSZE schickt eine Untersuchungsgruppe in den Kosovo/ Keine UNO-Vermittlung in Sarajevo
Berlin/Brüssel(taz) — Gottes Mühlen mahlen langsam, aber weit stockender noch kommen die internationalen Anstrengungen voran, der Republik Bosnien-Herzegowina aus den Schrecken des Bürgerkriegs zu helfen. Schauplätze der Jugoslawiendiplomatie und ihres Scheiterns waren am Donnerstag New York, Brüssel, Helsinki, Lissabon — und Sarajevo.
Der Weltsicherheitsrat beschloß, der Vollversammlung der UNO in New York für heute die Aufnahme Kroatiens, Sloweniens und Bosnien- Herzegowinas vorzuschlagen. Mit diesem Akt wäre auch die Anerkennung der Grenzen des neuen Staates gemäß der Verfassung von 1974 verbunden — eine, wenn auch schwache Stärkung der Kräfte, die sich gegen die Aufteilung der Republik wehren.
Die Gespräche der drei Bürgerkriegsparteien über die zukünftige Verfassung Bosnien-Herzegowinas unter EG-Schirm in Lissabon sind verschoben worden. Das geschah auf Bitten des bosnisch-herzegowinischen Präsidenten Izetbegovic, der sich wegen der Belagerung Sarajevos außerstande sah, zu der Konferenz zu fliegen.
In Brüssel erstellte die EG- Kommission auf Weisung des Ministerrats eine Liste mit möglichen Wirtschaftssanktionen gegen Serbien, über die der Rat jetzt berät. Die Liste enthält mögliche Varianten, aber keinen konkreten Aktionsplan. Beamte der Kommission erläuterten, daß keine der „klassischen“ Elemente eines Boykotts ausgelassen seien. Seitens „wohlinformierter Kreise“ wurde allerdings die Skepsis der EG-Beamten hinsichtlich der internationalen Wirksamkeit eines Wirtschaftsboykotts kolportiert. Im Vorgriff auf Sanktionen haben die USA der jugoslawischen Fluggesellschaft mit sofortiger Wirkung die Start- und Landeerlaubnis auf ihrem Territorium entzogen.
Die Helsinki-Vorbereitungskonferenz beschloß, eine Delegation in den Kosovo zu schicken. Dies geschieht mit dem Ziel, zu überprüfen, ob Rumpf-Jugoslawien seine Selbstverpflichtung zur Achtung der Menschen- und Minderheitenrechte gemäß dem Helsinki-Abkommen in der ehemaligen autonomen Republik einhält. Der weitergehende Antrag, „Jugoslawien“ von der KSZE-Konferenz auszuschließen, ist damit hinfällig geworden. Allerdings nur um den Preis, daß die Unterdrückungspolitik Serbiens im Kosovo auf internationaler Ebene thematisiert werden wird.
Die noch in Sarajevo stationierten UNO-Einheiten haben sich aus Vermittlungsaktionen zugunsten des von serbischen Truppen als Geiseln genommenen Frauen- und Kinderkonvois zurückgezogen. „Wir werden weder ihre kleinen Spiele spielen noch die Sicherheit unserer Leute aufs Spiel setzen“ hieß es aus dem Hauptquartier der „Unprofor“. Christian Semler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen