'Bild‘-Chef gefeuert

■ Dem Wurstblatt der Nation geht's gar nicht gut

Hamburg (dpa/taz) — Der Chefredakteur der 'Bild‘-Zeitung, Hans-Hermann Tiedje (43), ist bereits am Mittwoch gefeuert worden. Gerüchte, daß Tiedje nun zum 'Stern‘ wechseln werde, wurden von 'Gruner+Jahr‘ dementiert. Zum neuen Chefredakteur wurde Claus Larass (47) berufen, der bisher die Redaktion der 'BZ‘ und der 'BZ am Sonntag‘ als Chefredakteur in Berlin leitete. Larass' Nachfolger bei der 'BZ‘ wird Wolfgang Kryszohn, bisher Chefredakteur für 'Bild‘-NeueBundesländer/Berlin. Einzelheiten über den Grund der Ablösung Tiedjes machte der Verlag zunächst nicht. Auch am gestrigen Donnerstag war nichts weiteres zu erfahren.

Hauptgrund für die Entlassung dürfte aber sein, daß die Auflage der 'Bild‘-Zeitung in jüngster Zeit einen starken Einbruch hinnehmen mußte. So sank sie nach IVW-Zahlen im 1. Quartal dieses Jahres auf 4,358 Millionen Stück, ein Einbruch um 10,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum und um 3,4 Prozent gegenüber dem 4. Quartal 1991. Weil die Ertragslage des gesamten Springer-Konzerns — auch wegen gescheiterter Auslandexperimente — nicht die beste ist, will der Verlag 1.400 von seinen 12.620 Mitarbeitern entlassen.

Insbesondere im Osten hatte das Burda-Boulevard-Blatt 'Super!- Zeitung‘ der 'Bild‘ mit Primitivität in ganz neuem Maßstab und einem Billigpreis von 40 Pfennig das Wasser abgegraben. Zu dem waren der frühere 'Bild‘-Chef Bartels (gleichberechtigt zusammen mit Tiedje im Amt) und viele andere 'Bild‘-Reporter und -Redakteure zu der Vierfarb-Postille abgewandert. Die Hoffnung des egomanen 'Bild‘-Chefs Tiedje, daß 'Super‘ seine Billigpreisstrategie bereits in diesem Frühjahr aufgeben müssen würde, erfüllte sich nicht. Im Gegenteil: um den Auflagenverfall abzubremsen, mußte 'Bild‘ den Preis senken. Gerüchte, daß Hans- Hermann Tiedje nun zum Gruner+Jahr-Magazin 'Stern‘ wechseln werde, bestätigten sich nicht. Gegen eine entsprechende Meldung der ARD-Tagesthemen vom Mittwoch abend wolle Gruner+Jahr eine Gegendarstellung beantragen, hieß es dort. An der Meldung sei überhaupt nichts dran.