Gorleben: Weiter Lauge im Schacht

■ Kieler Professor vermutet ein ganzes Netzwerk von Rissen und Röhren

Die Laugenzuflüsse im Schacht II des Gorlebener Salzstocks sind immer noch nicht gestoppt. Das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter und die Deutsche Gesellschaft für den Bau und Betrieb von Endlagern (DBE) in Gartow (Landkreis Lüchow-Dannenberg) sprachen am Freitag allerdings von „insgesamt geringen Zuflußraten“. Der Salzstock wird auf seine Eignung als mögliches atomares Endlager hin untersucht.

Bisher sind den Angaben zufolge 126 Bohrungen niedergebracht und verpreßt worden. Nach den ersten Ergebnissen der Vorerkundung lasse sich vermuten, daß im Gegensatz zu Schacht I die Kontraktionsrißzone in Schacht II ein „schwächer ausgebildetes Rißsystem“ aufweise. Es handele sich, so erläuterte der Geologe des Bundesamtes, Rolf Schmitt, „wahrscheinlich um wenige, gut ausgebildete Risse“.

Das Abteufen der Endlagerschächte, das im März 1986 mit Schacht I begonnen hatte, ist schon zwei Jahre in Verzug geraten. Bereits im Mai 1987, nachdem der Schacht I Unsicherheiten zeigte, kam es zu einer 18monatigen Abteufpause. Damals war ein Bergmann von einem herabstürzenden Stahlring tödlich verletzt worden.

Die Verantwortlichen in Gorleben meinen, daß die Kontraktionsrisse durch die überlange Standzeit des den Schacht umgebenden Frostkörpers entstanden sind. Der Kieler Geologe Professor Klaus Duphorn vermutet ein ganzes Netzwerk von kommunizierenden Rissen und Röhren. Es seien zusätzliche Bohrungen und sogenannte Dünnschliffmessungen nötig, forderte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow- Dannenberg am Freitag.

Die DBE habe allerdings angekündigt, bis zum Jahresende den Schachtinnenausbau zu vollenden und dann das Gefrieren des Untergrundes einzustellen. „Wegen der anhaltenden Schwierigkeiten muß die Landesregierung in Hannover den für das Abteufen geltenden Hauptbetriebsplan widerrufen“, forderte die Bürgerinitiative. Zu bedenken sei auch, daß das Ingenieurbüro Jessberger in einem Gutachten für das Bergamt Celle die Standsicherheit der beiden Schächte mittels des Gefrierverfahrens nur bis Mitte 1992 als „sicher“ angesehen habe.

DBE und Bundesamt kündigten am Freitag gleichzeitig weitere Erkundungsarbeiten über dem Salzstock an. Es handele sich dabei um oberflächennahe Flachseismiktests, mit denen Erfahrungen über die Ausbildung der Salzstockoberfläche und über den Aufbau der Deckgebirgsschichten gesammelt würden. dpa