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KOMMENTAREGroße Verweigerung

■ Das Spitzengespräch zwischen Regierung und Opposition ist gescheitert

Die Schere zwischen dem wachsenden Problemdruck und dem gravierenden Legitimationszerfall der Bonner Politik hat Regierung und Opposition an einen Tisch gezwungen. Herausgekommen ist nichts — nicht einmal der Versuch, das Scheitern der versprochenen Kooperation vor dem Publikum zu kaschieren. Keine Inszenierung, statt dessen Fronten pur und der Wiedereinstieg ins Ritual wechselseitiger Profilierung. Dabei ist der tradierte parlamentarische Konkurrenzmechanismus längst außer Kraft: Die Opposition profitiert nicht mehr von einer desolaten Regierung, die Koalition nicht von der fehlenden Alternative. Allein schon diese, in den zurückliegenden Wahlen durchgehend bestätigte Tendenz, müßte beide Seiten zur Zusammenarbeit motivieren. Statt dessen haben die verhinderten Partner — bevor sie sich mit einem beherzten „weiter so“ ins verlängerte Wochenende absetzten — noch einmal die seit dem Einheitsjahr etablierten Muster bestätigt: Verdrängung und Suggestion. Die Regierung verkauft ihre Finanzplanung als grundsolide und flüchtet sich neuerlich ins ungedeckte Versprechen: „keine Steuererhöhung“. Die Opposition verschanzt sich hinter der populären Forderung nach sozialer Ausgewogenheit und verschleiert, daß auch die sozial ausgewogene Umverteilung von Westen nach Osten ohne massive Einschnitte bei ihrer Klientel nicht zu machen ist. Für die Durchsetzung der neuen Einheitsformel — im Westen wird es vielen schlechter, im Osten den meisten nur langsam besser gehen — ist die Kooperation unabdingbar. Daran ist sie gescheitert — ohne Alternative.

Dennoch wird das Treffen nicht folgenlos bleiben. Es bedient vielmehr das wachsende Ressentiment gegen die etablierte Politik, zu dessen Eindämmung die konzertierte Aktion gerade angesetzt worden war. Wer schon immer in billiger populistischer Manier die „unverschämte Unfähigkeit“ der Bonner Politik anprangerte, dem fällt mit dem Spitzenspektakel eine weitere sinnfällige Begründung zu. Doch auch der schwindende Teil der BürgerInnen, der glaubt, angesichts der Krise könne nur die begrenzte Kooperation zwischen Regierung und Opposition Abhilfe schaffen, blickt nach der großen Verweigerung desorientiert auf die Bonner Szene. Während diese sich weiterhin bemüht, dem Publikum die Bruchlinie zwischen Regierung und Opposition zu verdeutlichen, vertieft sie den Widerspruch zwischen Gesellschaft und politischer Klasse. Mit ihm schwindet der Handlungsspielraum demokratischer Politik überhaupt. Matthias Geis

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