piwik no script img

Eine Show für Beutelratten

■ Megastar „Dame Edna“ kommt endlich auf die deutsche Mattscheibe

Wenn Dame Edna Everage mit einem grandiosen Auftritt und dem schrillen Ausruf „Hello possums“ (Hallo Beutelratten, die Üb.) ihre Show eröffnet, gerät das — stets unsichtbare — Publikum schier aus dem Häuschen. Vor allem schätzt Ednas Gefolgschaft ihren unkonventionellen Umgang mit den Talk-Gästen. Wer das Privileg erhält, ihr Gast sein zu dürfen, muß mit ungewöhnlichen Ereignissen rechnen. Larry Hagman fiel durch eine Falltüre, weil er großkotzig mit Dollarnoten gewedelt hatte. Dazu Edna: „Schließlich haben alle hier sehr viel Geld. Aber wir geben nicht damit an.“ Mel Gibson wurde trotz innigsten Flehens gar nicht erst eingelassen. Auch das Angebot, seine Freunde Jack Nicholson und Frank Sinatra mitzubringen, konnte Edna nicht erweichen — ihr Haus sei schließlich kein Nachtclub. Den Publizisten Jeffrey Archer warf Edna per Schleudersitz aus der Sendung — sie fühlte sich von seinen Beiträgen gelangweilt.

Anders, als diese drastischen Maßnahmen vermuten lassen, zeigt sich Dame Edna im Umgang mit ihren Gästen äußerst liebenswürdig. Auf Etikette legt sie großen Wert, und wenn ihr — aus Versehen natürlich— einmal Worte entschlüpfen, die zweideutig verstanden werden könnten, straft sie die Lacher im Publikum mit bösen Blicken.

Unter der pompösen Abendgarderobe und den wahlweise malven- oder lavendelfarbenen Perücken verbirgt sich der Schöpfer der Kunstfigur Dame Edna, der australische Komiker und Schauspieler Barry Humphries. Er kreierte die liebenswerte Lady bereits 1956 in Melbourne, als er lieber auf der Bühne des Studententheaters stand, statt ordnungsgemäß Jura zu studieren. 1959 kam Humphries nach England. Er spielte auf den Musicalbühnen des Londoner Westends und arbeitete in Nachtclubs als Stand-Up Comedian. Zu seinem Programm gehörten weitere Kunstfiguren, etwa der „inoffizielle Kulturattaché“ Sir Les Patterson, später gerngesehener Gast in britischen Talk-Shows und gemeinsam mit Dame Edna Star in dem von George Miller inszenierten Film Les Patterson Saves the World. Ednas große Stunde schlug 1968, als sie in der Show The Barry Humphries Scandals ihr TV-Debüt gab. Der Charme, die Grandezza und die brillante Rhetorik der nicht mehr ganz jungen Lady beeindruckten das Publikum so sehr, daß die Sendeleitung nicht umhin konnte, ihr eine eigene Show zu geben.

Diese Dame Edna Experience zählt zu jener Sorte frivol-despektierlichen Entertainments, die von grämlichen Unterhaltungschefs deutscher Sender als „hierzulande nicht machbar“ eingestuft werden — weshalb die Reihe auch vom ORF ins 3sat-Programm eingespeist wird. Dankenswerterweise, denn Dame Edna gehört zum Besten, was in dieser Art auf dem Bildschirm zu sehen ist — großes Possum-Ehrenwort. Harald Keller

Unter dem Titel Dame Edna Megastar zeigt 3sat in den nächsten Monaten ältere Folgen der Show in 14tägigem Abstand jeweils montags gegen 22.30 Uhr (Originalfassung mit deutschen Untertiteln). Aktuelle Ausgaben Dame Edna Experience laufen im 2.Programm des Niederländischen Fernsehens am Samstag abend.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen