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Wattenmeerpipeline vor dem Aus

Keine Einigung über die Verlegung der umstrittenen Erdgasröhren durch das niedersächsische Watt  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Die niedersächsische Landesregierung und der norwegische Energiekonzern Statoil haben sich in ihren Verhandlungen über den Bau der umstrittenen Wattenmeerpipeline „Europipe“ nicht einigen können. Damit steigen die Chancen, daß das Watt vor der niedersächsischen Küste von der Verlegung der Erdgasröhre verschont bleibt.

Wie ein Sprecher der Staatskanzlei gestern in Hannover mitteilte, hat die staatliche norwegische Ölgesellschaft definitiv die Verlegung der Erdgasleitung durch einen Tunnel unter dem Wattenmeer abgelehnt. Die Experten der Landesregierung hätten demgegenüber in der Europipe-Arbeitsgruppe deutlich gemacht, daß für Niedersachsen schon aus rechtlichen Gründen eine offene Verlegung der Erdgasröhre im Wattenmeer nicht mehr in Frage komme. Auch die Landesregierung stehe inzwischen auf dem Standpunkt, daß eine offene Verlegung der Pipeline in einem Graben durch das Watt gegen die EG-Vogelschutz-Richtlinie verstoße und damit rechtswidrig sei, sagte der Sprecher der Staatskanzlei. Außerdem könnten die bei der offenen Verlegung notwendigen umfangreichen Baggerarbeiten im Watt gravierende Änderungen der Strömungsverhältnisse nach sich ziehen. Dadurch drohten auf den der Pipeline-Baustelle benachbarten Inseln Landabtragungen.

Auch der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder hat inzwischen mehrfach klargestellt, daß für ihn eine Wattenmeerpipeline, wenn überhaupt, nur noch im Tunnelbauverfahren in Frage kommt. Im Zuge der Verhandlungen, die Schröder im April in Norwegen über den Pipelinebau führte, hatte sich die Statoil zunächst bereit erklärt auch die sogenannte „Tunnelvariante“ des Pipelinebaus zu prüfen. Nun weigert sich der Energiekonzern, der im dem Raumordnungsverfahren für die Pipeline Antragsteller ist, jedoch, die Tunnelvariante in dieses Verfahren überhaupt einzubringen und beharrt auf einer offenen Verlegung nahe der Nordseeinsel Norderney. Als Grund für die definitive Ablehnung der „Tunnelvariante“ durch die Statoil nannte der Sprecher der Staatskanzlei gestern die längere Bauzeit einer Pipeline unter dem Watt. Eine solche Pipeline könnte frühestens zum Jahreswechsel 1996/97 fertiggestellt werden. Die Statoil habe sich jedoch bereits vertraglich verpflichtet, ab Oktober 1995 etwa der Ruhrgas AG über die Wattenmeerpipeline Gas zu liefern. Offen lassen wollte der Regierungssprecher gestern die Möglichkeit, daß das Land Niedersachsen nun von sich aus die „Tunnelvariante“ in das Raumordnungsverfahren einbringt. Da nur diese Variante eine Chance auf Genehmigung habe, bleibe der Statoil nach Abschluß des Raumordnungsverfahrens dann immer noch die Möglichkeit, sich dafür zu entscheiden, die Pipeline doch noch in einem Tunnel unter dem Watt hindurch zu verlegen.

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