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Dauerapplaus für eine Person

Wie der bayerische Ministerpräsident Max Streibl einen kritischen Journalisten mundtot machen läßt/ Landtagskorrespondent in München auf Wunsch Streibls geschaßt  ■ Aus München Thomas Schuler

Als der bayerische Ministerpräsident Max Streibl im Dezember des Jahres 1986 dem „beispielhaften und beispielgebenden Menschen“ Wilhelm Reissmüller zum 75. Geburtstag den Bruststern zum Großen Verdienstkreuz überreichte, wollte der Verleger des Ingolstädter 'Donaukuriers‘ die Gäste nicht mit einer Rede zu „grundsätzlichen Fragen des journalistischen Ethos“ verschonen: „Es ist kein Kunststück, die Medien zum Dauerapplaus für eine Person, eine Partei, einen Verein zu bringen“, sagte Reissmüller damals.

Wie einfach das ist, das bewies Reissmüller seinem Duzfreund Streibl jetzt im Falle seines Landtagskorrespondenten, der Streibl zu kritisch geworden war. Auf dessen Wunsch hin machte ihn der Verleger mundtot und kündigte ihm aus „tendenzbedingten Gründen“. Die Kündigung gilt, falls der Reporter nicht bis heute eine Versetzung in die Zentrale akzeptiert. Die Intervention hat im bayerischen Parlament eine heftige Debatte um die Pressefreiheit ausgelöst. Mit informativen Hintergrundberichten aus dem Maximilianeum hatte sich Wolfgang Krach (29) in den vergangenen Jahren einen guten Ruf als Korrespondent des Ingolstädter Monopolblattes 'Donaukurier‘ (Auflage: 80.000) erschrieben. Mal erklärte Krach eine Rede für „absurd“, in der Streibl einen direkten Zusammenhang zwischen der Zahl der Asylbewerber und der Wohnungsnot in Bayern hergestellt hatte, mal schrieb er, wie schlecht es um das Verhältnis zwischen Streibl und CSU-Chef Theo Waigel bestellt ist, mal stellte er Streibls Geltungssucht bloß. Streibl wandte sich an seinen langjährigen Bekannten und beschwerte sich, nicht einmal von seinen ärgsten Gegnern werde er so behandelt wie vom 'Donaukurier‘. Der Ministerpräsident aus Oberammergau gilt als persönlicher Freund des 'DK‘-Verlegers, seitdem er seine Karriere als Ingolstädter Landtagsabgeordneter begonnen hat.

Mit Münchener Journalisten hat Streibl jedoch seit jeher seine Schwierigkeiten, vor einigen Wochen warnte er die Landtagspresse, er habe einen Rechtsanwalt beauftragt, rechtliche Gegenmaßnahmen gegen übermäßige Kritik zu prüfen. „Da würde ich auch bei Ihnen einiges finden“, sagte er zu Krach. Der Aufforderung, konkret zu werden, kam er jedoch nicht nach.

Zwei Monate zuvor hatte Reissmüller bereits auf Wunsch Streibls die samstäglich erscheinende Kolumne des Korrespondenten aus dem Blatt verbannt, Berichte aus München mußten ihm nun vorgelegt werden und verschwanden je nach Tonfall und kritischem Inhalt im Papierkorb.

In einer persönlichen Erklärung vor dem Landtag nannte Streibl das Ganze ein „Affärchen“ und bestritt jegliche Einmischung in redaktionsinterne Vorgänge des 'Donaukuriers‘. Selbstverständlich werde er aber darüber reden, wenn er sich mißverstanden fühle, sagte er. Reissmüllers Bevollmächtigter Ernst Karl Roessler gab hingegen auf Anfrage zu, daß Streibl selbst auf die Einstellung der Kolumne hingewirkt habe. Entlarvend ist auch ein Brief an den Betriebsrat, in dem die tendenzbedingte Kündigung Krachs begründet wird: „Die einseitige Berichterstattung wurde erstmalig sogar in der Öffentlichkeit vom Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern kritisiert“, heißt es da.

Die SPD bezeichnete die Erklärung Streibls als „kläglich gescheiterten Beschwichtigungsversuch. Sie wollen ein Exempel statuieren, um die Journalisten insgesamt einzuschüchtern.“ Grünen-Fraktionssprecher Manfred Fleischer warf Streibl vor, sich wie der „Unschuldsengel von Oberammergau“ zu verhalten.

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