ASF sieht sich als „Pfahl im Fleisch der SPD“

■ Inge Wettig-Danielmeier übergibt nach elf Jahren ASF-Vorsitz an ihre bisherige Stellvertreterin Karin Junker

Berlin (taz) — „Für mich ist dies hier meine Abschiedsvorstellung“, mit diesen Worten blickte gestern die SPD-Abgeordnete Inge Wettig-Danielmeier auf ihre elfjährige Tätigkeit als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) zurück. Seit fünf Monaten ist die 55jährige Bundestagsabgeordnete Schatzmeisterin der SPD. Auf der zehnten ASF-Bundeskonferenz, die an diesem Wochenende in Berlin stattfindet, wird sie ihren Vorsitz an die Europaabgeordnete Karin Junker abgeben.

Die bisherige stellvertretende Vorsitzende der SPD-Frauenorganisation Karin Junker wirkte als treue Wegbegleiterin von Inge Wettig-Danielmeier in den vergangenen Jahren mit daran, daß aus der eher betulichen Frauenorganisation heute so etwas wie „ein Pfahl im Fleisch der SPD und der Gesellschaft“ wurde.

Die 51jährige Journalistin Junker war Kommunalpolitikerin in Gelsenkirchen und sitzt, neben etlichen anderen Parteifunktionen, der SPD- Medienkommission als Stellvertreterin vor.

Gestern machte sie keinen Hehl daraus, daß sie in die Fußstapfen ihrer Vorgängerin treten und deren Politik fortsetzen will. Beide Politikerinnen waren in den letzten Monaten maßgeblich an der Kompromißbildung für eine Neuregelung des §218 beteiligt. Den jetzigen Kompromiß einer Fristenregelung mit Beratungspflicht, der in der letzten Woche noch von abtrünnigen CDU- PolitikerInnen modifiziert wurde, verteidigte Karin Junker denn auch als Lösung, „mit der ich und, wie ich vermute, auch die große Mehrheit der ASF-Frauen leben können“. Die Beschlußvorlage der ASF sah eine Fristenlösung ohne Zwangsberatung und ohne Strafbarkeit des Abbruchs vor.

„Daß wir jetzt die Beratungspflicht schlucken mußten“, so Junker, „ist eine bittere Pille für uns.“ Etwas anderes sei nach Ansicht der SPD- Politikerin bei den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag nicht erreichbar. „Wer das dennoch meint, muß der Traumtänzerei bezichtigt werden.“ Als erste gewählte Vorsitzende einer „wiedervereinigten SPD“ will die künftige ASF-Vorsitzende vor allem die Frauenorganisation in den neuen Bundesländern stärken. Von den insgesamt rund 25.000 ASF-Mitgliedern stammen knapp 8.000 aus der ehemaligen DDR.

Unter dem Titel „Frau macht Zukunft“ wird sich Inge Wettig-Danielmeier per Rechenschaftsbericht heute von „ihrer“ Organisation verabschieden. Mit dem Motto „Frau Macht Zukunft“ würdigt dann am Samstag auch der Parteivorsitzende Engholm die Frauenpolitik seiner Genossinnen. Die scheidende Vorsitzende lobte seinen kooperativen Führungsstil, der so manch alteingesessenem SPDler, welcher noch dem Leithammelprinzip hinterherweine, ein Dorn im Auge sei. flo