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„Sanfte Scheidung“ in der CSFR?

Bei der dritten Gesprächsrunde zwischen Václav Klaus und Vladimir Meciar wird über die Bildung einer Übergangsregierung beraten/ Ihre Aufgabe soll die Vorbereitung der Auflösung der CSFR sein  ■ Von Sabine Herre

Berlin (taz) — Zehn vor fünf kam die erste „dringende“ Nachricht. Eine Einigung zwischen Václav Klaus und seinem slowakischen Gegenspieler Vladimir Meciar über eine Regierungsbildung stehe unmittelbar bevor, so ihr Inhalt. Wie diese Regierung jedoch aussehen solle, ob sie die Auflösung der Föderation durchführen oder aber die Spaltung verhindern werde, darüber wußte die Agentur nichts zu berichten. Nach den Meldungen der letzten Tage kann aber als sicher gelten: im Hauptquartier der Bürgerlich-Demokratischen Partei ODS wird in einem stundenlangen Nervenkrieg über die Bildung einer Übergangsregierung und damit über eine „sanfte“ Auflösung der CSFR verhandelt.

Bereits vor Beginn der Gespräche am Mittwoch nachmittag hatte Miroslav Macek, als Stellvertreter von Klaus einer der Chefunterhändler der ODS, mitgeteilt, daß der neuen Föderalregierung nicht Politiker, sondern hochqualifizierte Verwaltungsbeamte angehören sollten. Die neue Regierung und das neue Parlament würden sich hauptsächlich „mit der Nachlaßverwaltung“ befassen. Ihr könnte auch der Vorsitzende der stärksten slowakischen Partei, der Bewegung für eine demokratische Slowakei HZDS, Vladimir Meciar, angehören. Bisher waren Beobachter allerdings davon ausgegangen, daß Meciar eine Mitarbeit in der Föderalregierung ablehnen und statt dessen Ministerpräsident der Slowakei werden würde. Ein Amt, das er bereits seit den Wahlen im Juni 1990 bis zu seinem Sturz im Frühjahr 1991 bekleidet hatte.

Uneinigkeit herrscht weiterhin in der Frage des Referendums. Meciar möchte dies erst gegen Ende des Jahres und nach der Verabschiedung einer slowakischen Souveränitätserklärung durch das Parlament in Bratislava durchführen. Zuvor müsse außerdem eine neue Verfassung der Slowakei, die auch das Amt eines slowakischen Präsidenten vorsieht, angenommen werden. Václav Klaus dringt dagegen auf eine frühere Entscheidung. Ob er jedoch auch zu einer Volksabstimmung in der Tschechischen Republik bereit ist, blieb unklar. Bisher hatte Klaus eine Abstimmung mit der Begründung abgelehnt, daß seine Partei bei den Wahlen ein klares Mandat erhalten habe. Gegner der ODS hatten dagegen darauf hingewiesen, daß die Stimmen der Wähler Klaus nicht zur Teilung des Landes berechtigen würden.

Neuer Vorsitzender des Bundesparlamentes soll der ehemalige slowakische Minister für Privatisierung und HZDS-Vorstandsmitglied, Michal Kovac, werden. Am vergangenen Donnerstag hatte eine der größten tschechischen Tageszeitungen festgestellt, daß Kovac die Selbständigkeit der Slowakei ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Kosten durchsetzen werde.

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