: US-Luftbrücke nach Sarajevo?
Da die Freigabe des Flughafens von Sarajevo weiterhin unwahrscheinlich ist, planen die USA — nach Berichten von BBC — die Einrichtung einer Luftbrücke/ Deutsche Panzerlieferung nach Kroatien? ■ Aus Split Roland Hofwiler
Die Belgrader Nachrichtenagentur 'Tanjug‘ wußte am Donnerstag Überraschendes zu berichten: Der bosnische Serbenführer Radovan Karadzic soll seine Einheiten angewiesen haben, die Angriffe auf Sarajevo sofort einzustellen. Außerdem müßten sie die schweren Waffen aus der Gegend des Flughafen abziehen und unter UNO-Kontrolle stellen.
Ganz im Gegensatz zu dieser wohlklingenden Botschaft stehen jedoch die Programme der zahlreichen serbischen „Befreiungssender“ in Bosnien. Weder das serbische „Radio Banja Luka“ noch „Radio Knin“ übernahmen bis gestern mittag diese Meldung. Und selbst „Radio Jugoslawien“, weltweiter Dienst von „Radio Beograd“, brachte in mehreren Sprachen einen Beitrag eines sogenannten Militäranalytikers, der eindringlich davor warnte, den Flughafen von Sarajevo freizugeben. „Mit der Freilegung des Flughafens von Sarajevo soll die militärische Intervention beginnen“, so warnte der „Experte“ Markovic: „Die Amerikaner sind keine Gentlemen, sie werden von dort aus neue Basen aufbauen und in Serbien einmarschieren.“ Schlußfolgerung des Autors: Allen Anfängen wehren und den Flughafen von Sarajevo nicht freigeben.
Diesen Befürchtungen der Serben hat eine Meldung der britischen BBC Auftrieb gegeben. Danach wollen die USA Sarajevo über eine Luftbrücke mit Hilfsgütern verorgen. Teile der in Deutschland stationierten 86. Luftlandedivision sowie die im Mittelmeer stationierte 6. Flotte seien in Bereitschaft versetzt worden. Doch obwohl die USA diese Berichte umgehend zurückwies, ist ihre Wirkung groß. In den serbischen Enklaven Kroatiens und Bosniens sind die „Befreiungssender“ oft die einzige Informationsquelle, Zeitungen aus Belgrad erreichen diese entlegenen Gebiete schon lange nicht mehr.
In den letzten Tagen rufen die Radiostationen außerdem zu größerer Wachsamkeit auf. Die Ankündigung des kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman, Zagreb werde in Bosnien notfalls militärisch intervenieren um die dort lebenden Kroaten vor dem „Genozid“ zu schützen, wird breit ausgeschlachtet und so interpretiert: „Der Krieg läßt sich nicht stoppen, wir können ihn nur gewinnen.“ Aufforderungen, die auch das serbische Fernsehen nach Bosnien strahlt, verbunden mit Träumereien, die eine weitere Eskalation der Kämpfe bewirken könnten: So wurden gestern die Gedanken des serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic im griechischen Fernsehen zitiert, wonach Neu-Jugoslawien mit dem „Nachbarn“ Griechenland eine Konföderation einzugehen wünsche. Doch Griechenland grenzt als „Nachbar“ nicht mehr an Serbien und Montenegro. Dazwischen liegt der unabhängige Staat Mazedonien, ein Staat, der weder von Belgrad noch von Athen völkerrechtlich bisher anerkannt wurde. Da Milosevic bei seinem Treffen mit Lord Carrington in Strasbourg selbst die Anerkennung Bosniens als unabhängiger Staat verweigerte, glaubt keiner an eine Anerkennung Mazedoniens durch Belgrad. Radio Knin vieldeutig: Die Feinde Serbiens sind nicht nur im Norden zu finden, auch im Süden arbeitet man mit deutscher und amerikanischer Hilfe an der Vernichtung Jugoslawiens.
Den Vorwurf der deutschen Einmischung bekräftigte erneut auch der serbische Außenminister Vladislav Jovanovic: Die Bundesregierung habe Panzer von Typ Leopard an Kroatien geliefert, diese würden nun im Bürgerkrieg gegen Bosnien-Herzegowina eingesetzt. Nähere Angaben über die Lieferung machte er jedoch nicht.
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