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Springer ordnet Tele 5 neu

Aus dem Vollprogramm soll ein Spartenprogramm für Sport werden  ■ Von Bernhard Mehnke

Unruhe bei den Mitarbeitern in der Sendezentrale von Tele 5 in München. Dem jungen Familienprogramm mit Kinder-Comics, Shows, Filmen und Magazinen geht es demnächst an den Kragen. Ab Januar wird es statt des jetzigen Vollprogramms sportorientierte Unterhaltung geben und wohl auch einen neuen Namen für den in Bayern lizensierten Privatsender — Personalabbau eingeschlossen.

Die Hiobsbotschaft drang am Freitag zuerst aus dem hohen Norden in den tiefen Süden der Republik. In Hamburg hatte Manfred Niewiarra, seit Januar im Springer-Vorstand für elektronische Medien zuständig, am Morgen der Presse einen neuen Coup im Poker um Medienmacht verkündet, der zur gleichen Zeit in München vollzogen wurde. Die Axel Springer Verlag AG übernahm zusätzlich zu den bislang gehaltenen 33 Prozent die 26 Prozent der „Tele München“, die dem Filmkaufmann Herbert Kloiber und der amerikanischen ABC gehörten, und teilte diese Beute gemeinsam mit den beiden Medienmogulen Leo Kirch und Silvio Berlusconi umgehend neu auf. Ergebnis dieser spektakulären Transaktion: Der Springer-Konzern hält nun 24,9 Prozent der Tele-5-Anteile, die Rete Italia von Berlusconi 33,5 und der Film-Grossist Kirch 24,5 Prozent. Für die restliche 17,1 Prozent sucht der Springer noch einen weiteren — laut Niewiarra — „möglichst einen deutschen Partner“, der in den nächsten zwei Wochen einsteigen soll.

Bei der Neuordnung von Tele 5 verzichtete der Springer-Konzern aus medienrechtlichen Gründen auf seine Mehrheitsbeteiligung, ohne allerdings das Sagen aus der Hand zu geben (der Rundfunkstaatsvertrag der Bundesländer schreibt vor, daß jeder Fernsehveranstalter nur an je einem Voll- und Spartenprogramm maßgeblich beteiligt sein darf). Die bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), die Privatfunkbehörde im Freistaat, hatte nämlich kürzlich verfügt, daß der Zeitungskonzern wegen seiner maßgeblichen Beteiligung an Sat.1 das Engagement bei Tele 5 bis zum 17.Juli auf unter 25 Prozent reduzieren müsse. Das ist aus Springer-Sicht mit der neuen Transaktion geschehen, die zugleich eine gewinnversprechende Umwandlung des hochdefizitären Münchner Senders ermöglicht.

Die Achse Berlin (Springer), München (Kirch) und Mailand (Berlusconi) — untereinander in etlichen Medienfirmen verbunden — weiß sich dabei einig im Weg, den der Altgesellschafter Herbert Kloiber nicht mitgehen wollte: Das neue sportliche Tele-5-Programm wird im Gegensatz zu den europäischen Sportkanälen — so Manfred Niewiarra — „klar auf die Bedürfnisse des deutschen Publikums zugeschnitten sein“. Die Marktlücke hat er in der Verwertung von Sportrechten entdeckt, über die das Duo Springer/Kirch ohnehin durch die gemeinsame Agentur zur Verwertung von Sportrechten ISPR verfügt: Übertragung der Fußball- Bundesliga, von ATP-Tennisturnieren oder Leichtathletikveranstaltungen. An Konkurrenz zu Sat.1, ebenfalls im Springer/Kirch-Besitz, ist dabei keineswegs gedacht. Dem Mainzer Sender soll die aktuelle Erstberichterstattung bleiben; der neue Sportkanal werde sich hauptsächlich aus Zweitrechten nähren.

Einen Strich durch die Rechnung für ein quasi zweites Programm von Sat.1 analog zu Fernsehprojekten der Konkurrenzschiene CLT-Bertelsmann (RTLplus) könnte die bayerische Medienbehörde machen. Schließlich ist ein Sportkanal kein „jugendorientiertes Vollprogramm“. Als solches ist Tele 5 aber bislang lizensiert. Vorsichtig hat die BLM denn auch gedroht, bei einer Umwandlung die terrestrischen Tele-5-Frequenzen im Freistaat zu streichen. Ein genereller Lizenzentzug ist dagegen unwarscheinlich, zumal die Gesellschafter trotz Sparmaßnahmen den Standort München beibehalten wollen.

Gelingt der Schachzug einer Umwandlung in ein Sport-Spartenprogramm, ist nach dem Medienrecht eine spätere Springer-Mehrheitsbeteiligung am Münchner Privatsender durchaus wieder möglich.

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