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GRENZÜBERSCHREITENDE DROGENBERATUNG

Klischees eher abbauen

Berlin (afp/taz) — Neue Wege zur Drogenbekämpfung versuchte das erste deutsch-französische Drogenforum zu beschreiten, das am vergangenen Freitag nach viertägiger Konferenz in Straßburg zu Ende ging. Überrascht zeigten sich die französischen Teilnehmer von der in Deutschland praktizierten geschlechtsspezifischen Prävention. Diese basiert auf der auch in Frankreich gemachten Erfahrung, daß Jungen und Mädchen unterschiedliche Drogen konsumieren.

Zwei Drittel der Konsumenten illegaler Drogen wie Haschisch, LSD, Kokain und Heroin sind danach Jungen, während Mädchen eher zu den legalen Drogen Alkohol und Tabletten greifen. So macht der Anteil heroinabhängiger Mädchen 25 Prozent aus. Dieses Ergebnis sollte jedoch wenig überraschen, da es nur weitverbreitete, unterschiedliche Verhaltensmuster von Männern und Frauen in der Gesellschaft widerspiegele.

Vom weiblichen Geschlecht werde generell mehr Zurückhaltung erwartet. Im Einzelfall könne dies zu einer weniger auffälligen Problembewältigung mit „leisen“, legalen Drogen führen. Auch wenn das Suchtverhalten offensichtlich geschlechtsspezifisch ist, die Ursachen für den Drogenkonsum sind nach Ansicht der Kongreßteilnehmer dieselben. Die Jugendlichen fühlen sich danach vom Elternhaus meist unverstanden, haben Schwierigkeiten mit ihrer Umwelt und in der Schule. Auch sexuelle Probleme, die angeblich oft aus einer mangelnden Identifikation mit dem eigenen Geschlecht herrühren, gelten als Motive für den Griff zur Droge, während beispielsweise die allgegenwärtige Tabak- und Alkoholwerbung offenbar nicht dazu zählt.

Die deutschen Drogenberater sprachen sich auch weiterhin für eine geschlechtsspezifische Prävention aus, das heißt in getrennten Jungen- und Mädchengruppen. Auf diese Weise könnten die Jugendlichen ungehemmter über ihre Schwierigkeiten sprechen. Diesem Programm setzten die französischen Drogenberater den Einwand entgegen, daß eine geschlechtsspezifische Beratung die Klischees noch verstärken könnte. Kirsten Niemann

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