Rabin hält Parteien auf dem Teppich

Verhandlungen um Bildung der neuen israelischen Regierung sollen bis zum Wochenende abgeschlossen sein/ In den Gesprächen geht es nicht nur um die Zukunft der besetzten Gebiete  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Der designierte israelische Ministerpräsident Jizchak Rabin will eventuell schon bis morgen die Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung abgeschlossen haben. Anschließend wird es noch einige Tage Kämpfe um die Besetzung der Ministerposten geben, wie ein führender Vertreter der Arbeitspartei, Benjamin Ben-Eliezer, voraussagte. Bis Sonntag, dem Tag vor der ersten Knessetsitzung in der neuen Legislaturperiode, soll die neue Regierung zusammengestellt sein.

Außer mit dem linken Parteienbündnis Meretz (12 von 120 Knessetsitzen) verhandelt Rabin derzeit für seine Arbeitspartei (44 Sitze) mit den orthodox-religiösen Parteien „Shass“ (6 Sitze) und „Thora-Judaismus“ (4 Sitze). Außerdem werden nach wie vor Gespräche mit den national-religiösen Parteien Tsomet (8 Sitze) und NRP (6 Sitze) geführt. Was die Nahost-Verhandlungen anbelangt, sind diese Parteien gegen jede Konzession und für eine Fortsetzung der Siedlungspolitik in allen Teilen der besetzten Gebiete.

Die orthodox-religiösen Parteien wollen in erster Linie die Interessen ihrer Schulen wahren und verhindern, daß die orthodoxen „Jeshiva“- Studenten in Zukunft zum Militär eingezogen werden. „Für uns ist das die heiligste Angelegenheit“, erklärte gestern Abraham Schapira, der an der Spitze der „Thora-Judaismus“-Fraktion steht. Was den Ausgang der Koalitionsverhandlungen anbelangt, zeigte er sich optimistisch. Schapira selbst legt „keinen Wert“ auf einen Ministerposten. Er will „lediglich“ Vorsitzender des allmächtigen Finanzausschusses der Knesset werden, wie schon in der alten Regierung. Peinlich nur, daß die im Besitz der Familie Schapira befindliche Fabrik „Carmel Carpets“ soeben um öffentliche Unterstützung durch staatlichen Ankauf von Dollar-Obligationen in Höhe von 10 Millionen Dollar nachgesucht hat. Erst kürzlich lehnte die Export-Versicherungsgesellschaft der Regierung ein Kreditgesuch von Schapiras Firma mit dem Hinweis ab, die Firma stehe kurz vor dem Bankrott.

In den Koalitionsverhandlungen geht es vor allem um die Klärung der künftigen Politik in den besetzten Gebieten. Meretz macht sich für einen Siedlungsstopp stark, während Tsomet und die NRP in die entgegengesetzte Richtung streben. Es geht vor allem um die Frage, ob und wo auch in Zukunft weiter „Siedlungen“ und „private Entwicklungsprojekte“ in den besetzten Gebieten gebaut werden dürfen, wenn Rabins Formel vom Weiterbau „strategischer Siedlungen“ und vom Einfrieren „politischer Siedlungen“ gelten soll. Die Frage ist natürlich auch, welche Absprachen explizit in das Regierungsprogramm aufgenommen werden sollen und inwieweit Meretz von den Mehrheitsbeschlüssen abweichende Positionen öffentlich zum Ausdruck bringen darf. Denkbar ist, daß auch andere zukünftige Koalitionsparteien ähnliche „Ausweichbedingungen“ auszuhandeln versuchen, ohne dabei die Entscheidungsfähigkeit der Regierung und ihre Aussichten auf Beteiligung an der Koalition zu gefährden.

Mit der „Arabischen Demokratischen Partei“ (3 Sitze) von Mohammad Darausche und der „Arabischen Demokratischen Front“ (2 Sitze) verhandelt Rabin über eine Unterstützung seiner zukünftigen Koalition, ohne daß diese Parteien selbst an der Regierung beteiligt werden sollen. Der frühere Außenminister David Levy hatte gestern eine Zusammenkunft mit dem Likud-Vorsitzenden und früheren Ministerpräsidenten Jizchak Schamir. Anschließend teilte Levy mit, Schamir betrachte ihn als Nachfolger in der Position des Parteivorsitzenden. Fraglich ist allerdings, ob die Führung des Likud mit diesem Vorschlag einverstanden ist.